Anfangs dieses Jahres haben sich die Banken gegenseitig ihren Abschreibungsbedarf auf Engagements auf dem US-Markt für schlecht besicherte Immobilienkredite (Subprime) vorgerechnet. Scheinbar gibt es seit einigen Monaten ein Gentlemen Agreement unter den Banken sich nicht gegenseitig in die negativen Schlagzeilen zu bringen. Mit dem resoluten Eingreifen des Fed und dem sich nicht mehr anfeinden, hat sich die Lage bisher beruhigt. Im Gegenteil, seit Mitte Mai verkünden viele hohe Bankmanager, dass die Talsohle der Finanzkrise durchschritten sei. Ich habe mich bisher von diesen positiven Stimmungen nicht anstecken lassen, für mich gibt es noch immer viele Fragezeichen an den Finanzmärkten:

  • Lange Zeit hiess es von denselben Bankmanagern, die Talsohle der Finanzkrise könne erst mit der Stabilisierung der Immobilienpreise in den USA durchschritten werden. Zurzeit fallen die Preise weiter und damit müssten doch die Abschreibungen der Banken wohl weiter gehen. Siehe „US-Immobilienmarkt auf Crashkurs
  • Viele Banken versuchen zurzeit ihr Eigenkapital zu erhöhen, obwohl sie es scheinbar nicht benötigen. Siehe „Why banks want cash they don’t need„.
  • Die beiden US-Kreditversicherer Ambac und MBIA verloren am 5.06.2008 ihr triple-A Rating. Die US-Börse spekulierte an diesem Tag auf die Arbeitslosenzahlen des kommenden Tages und regagierte kaum auf diese negative Nachricht. Dies wird im Bankensektor zu neuen Abschreibungen führen, siehe „Das grosse Zittern der Anleiheversicherer
  • Gemäss der Bilanz vom 5/2008 verdienen bei der UBS mehr als 1000 Mitarbeiter einen Lohn von über CHF 1 Million. Der Durchschnittslohn des UBS Investment Banking lag im Jahr 2006 bei CHF 420′000. Der Branchenlohn eines 35-jähriger Bänker ohne Führungsaufgaben beträgt im Schnitt von CHF 150′000 bis 300′000. Falls das Geschäft ins Stocken gerät, verlieren die Banken schon nur durch die hohen Gehälter immense Summen auch wenn bis zu 60% des Lohnes in Form von leistungsabhängigen Boni bezahlt werden.

Vorübergehendes Formtief oder gar Niedergang der UBS

Vor ein paar Monaten erhielt ich die Education Note “Subprime verstehen” von der UBS. Diese 6 hervorragende Seiten erklären in einem Fragen und Antwort Stil das Thema Subprime. Daraus entnehme ich, dass die Vergabe von Hypotheken an zweitklassige Kreditnehmer auf der Idee basierte, dass diese mit dem Immobilienwertzuwachs die Hypothek finanzieren sollten. Dank der Verbriefung konnten die Banken diese Hypotheken ausserhalb der Bilanz platzieren und somit die Eigenkapitalunterlegung umgehen. Der Grossteil der Hypotheken wurde mit einem niedrigen Festzinssatz mit einer Laufzeit von 2 bis 5 Jahren abgeschlossen, danach erfolgte eine Anpassung an variable, marktübliche Zinssätze, welche oftmals höher als die ersteren Lockangebotszinssätze sind.
Mir wurde beim Lesen dieser Notes schnell klar, dass mit Subprime-Hypotheken ein nicht funktionierendes Produkt erschaffen wurde. Mir stellen sich heute einige Fragen bezüglich der UBS:

  • Im Interview vom 10.12.2007 mit Eco vom Schweizer Fernsehen kam unter anderem die Aussage von Herr Ospel: Wir haben zu stark auf das triple-A vertraut. Es hatte aber noch nie in der Geschichte eine solche schnelle Zurückstufung eines triple-A gegeben. Sicherlich ist seine Aussage korrekt, aber sollte eine Bank, wie die UBS, die angeblich so viele Talente beschäftigt, nicht fähig sein diese Subprime-Wertpapiere zu entpacken, um sie korrekt zu bewerten? Von Personen, die über CHF 20 Millionen an Saläre einstreichen, erwarte ich mehr als einem Rating blindlings zu vertrauen. Andere Banken, wie beispielsweise Deutsche Bank haben die Risiken früher erkannt und ihr Subprime-Engagement entsprechend reduziert.
  • Was passiert, wenn die UBS in den nächsten Monaten nochmals eine zweistellige Milliardenabschreibung bekannt geben muss? Damit könnte das Vertrauen auch bei den reichsten UBS-Anlegern schwinden.
  • In der Schweiz war die Berichterstattung über die UBS meist sehr negativ, wahrscheinlich auch wegen dem nicht überall beliebten Herr Marcel Ospel. Bedingt durch diese Schlagzeilen, gab es Kapitalabflüsse von CHF 1.9 Milliarden im Business Banking Switzerland. Nun gibt es mit einem Steuerfall in den USA der für negative Meldungen sorgt, diese könnte auch in der restlichen Welt zu einem irreparablen Imageschaden führen.
  • Was für risikobehaftete Positionen hat UBS noch in seinen Büchern?

Einen Niedergang der UBS sehe ich zurzeit nicht, wahrscheinlich „Too Big to Fail“. Eine Zersplitterung der UBS halte ich für denkbar, dabei gehen aber keine Sparkontengelder verloren, andernfalls sollte die Schweizer Regierung hoffentlich Plan B sofort aus der Schublade ziehen können.

An die Aktionäre der UBS

Ich habe mir einmal die Mühe gemacht, die Quartalsberichte der UBS einzusehen. Dies mache ich übrigens bei jedem Unternehmen, bevor dessen Aktie kaufe. Das ist ein weiterer Grund, warum ich ein Index-Investing betreibe, der Aufwand für das Durchsehen und Verstehen dieser Geschäftszahlen ist mir zu schwierig und aufwändig. Nun zurück zu meiner Analyse diese Quartalsberichte, eine Bank besonders die Schweizer Grossbanken sind Black-Boxes. Die Investitionen der Banken in die einzelnen Assetklassen sind nicht ersichtlich, es werden nur die Gewinne bzw. Verluste ausgewiesen. Die Subprime Exposure wurden erst ausgewiesen als die hohen Abschreibungen es nicht mehr zu liessen diese geheim zu halten.

Wenn ein Aktionär die UBS für ihr hohes Engagement in diese undurchsichtigen Kreditverbriefungen des US-Immobilienmarktes kritisiert, macht er denselben Fehler mit der Investition in eine Blackbox wie UBS. Ein Aktionär der UBS ohne Insiderwissen weiss nichts von eventuell noch vorhandenen riskanten Positionen in den UBS-Büchern, trotzdem wird blindlings investiert.

Die Mentalität in der Finanzbranche

Die Aussagen, die ich hier mache, sollten nicht verallgemeinert werden.

Stellen Sie sich einen Flugzeugbauer vor, bei dem bei einem neuen Flugzeugtyp einen kleinen Konstruktionsfehler unterläuft. Nach zwei Abstürzen bei denen über 500 Insassen sterben, kann diese Konstruktionsfehler angeblich gefunden werden. Nun tritt der CEO des Flugzeugherstellers vor die Öffentlichkeit und sagt: „Wahrscheinlich wurde der Fehler der beiden Abstürze gefunden, es ist ein kleiner Konstruktionsfehler. Die dafür verantwortlichen Physiker wurden umgehend entlassen.“

Würden Sie eine Reise mit diesem Flugzeugtyp noch antreten wollen? Hätten Sie noch Vertrauen in diesen Flugzeughersteller? Natürlich würde der CEO eines Flugzeugherstellers nie eine derartige Aussage in der Öffentlichkeit von sich geben, um seine Unschuld zu betonen, die Abwälzung der Schuld auf einzelne Personen, Abteilungen oder Softwareprogrammen wird vorwiegend in der Finanzbranche praktiziert.

Wahrscheinlich wäre das Vertrauen in den Flugzeugtyp und dessen Hersteller verloren. Die gesamte Belegschaft würde unter dieser Katastrophe leiden. Auch wenn die verantwortlichen Physiker entlassen wurden, gäbe es eine kollektive Bestrafung aller Angestellter und Zulieferer.

In der Finanzbranche wird die Schuld von Verlusten von Management auf ein paar Angestellte reduziert, welche umgehend entlassen werden. Somit entlastet sich das Management und der Öffentlichkeit wird vorgehalten, dass nur diese „bösen“ die einzigen Schuldigen sind. Mir stellt sich hierbei die Frage: Wer hat diese Personen eingestellt und wer ist für deren Kontrolle zuständig, ist dies nicht das Management?

Müssten die Gehälter im Flugzeugbau nicht viel höher sein als bei den Bankangestellten? Der Angestellte des Flugzeugherstellers trägt das Risiko des gesamten Flugzeugs und nicht nur seiner spezifischen Arbeit wie beim Bankangestellten.