Es ist bekannt, dass einige Politiker aufgrund ihrer Ideologie gewisse Zahlen uminterpretieren bzw. es mit der Mathematik nicht so exakt nehmen. Offensichtlich sind sie damit die Vorbilder für etliche Vereinsfunktionäre, Journalisten und Unternehmer.

Mit der Aufhebung der Euro-Kurs-Untergrenze prägt der Begriff Frankenschock die Medienlandschaft. Nach der Aufgabe am 15.01 bis am 23.01.2015 war der CHF teilweise gegenüber dem EUR um 20% teurer. Danach schwächte sich der Frankenschock um einige Prozente ab. Scheinbar wollen einige Akteure dies nicht zur Kenntnis nehmen oder sie bekunden etliche Mühe mit der Prozentrechnung.

Kurs CHF gegenüber EUR und USD seit 01.01.2015

Aus Sicht des EUR bzw. USD hat sich der CHF seit dem 1.1.2015 um 12.74% bzw. 6.04% verteuert. Aus Sicht des CHF wurde der EUR bzw. USD um 11.18% bzw. 5.7% günstiger. Übrigens habe ich diese Zahlen für den 20.02.2015 nicht berechnet, Google sei Dank.

Aus 12% werden bei Swissmem mit Peter Dietrich 15-20%

Neulich bemerkte Swissmem-Sprecher Ivo Zimmermann, dass viele Bewerber die schulischen Voraussetzungen für eine anspruchsvolle vierjährige Industrielehre nicht erfüllen. Leider gibt es bei Swissmem nur einen Direktorposten und dieser ist mit Peter Dietrich schon besetzt. Scheinbar sind minimalste mathematische Qualifikationen für diese Stelle keine Voraussetzung:


Quelle: Radio SRF 1 vom 21.02.2015 – Trend, Swissmem-Direktor Dietrich

Jedenfalls offenbart Peter Dietrich einige Schwierigkeiten mit der Prozentrechnung. Aus circa 12% werden bei ihm je nach Unternehmen zwischen 15 bis 20%. Wahrscheinlich wollen die Arbeitgeber über ihren Verband die Arbeitnehmer unter Druck setzen. Dazu passt die Schlagzeile von Swissmem-Präsident Hans Hess:
Sonntagszeitung Swissmen vom 22.02.2015
Quelle: Sonntagszeitung vom 22.02.2015 – Starker Franken: 20 000 Jobs sind in Gefahr

Update 22.03.2015: Diese Aussage von den 20‘000 gefährdeten Jobs ist eine Zeitungsente. Siehe Beitrag „Das Gejammer über starken Schweizer Franken langweilt – Teil 1„.

Mit der Angstmacherei um Jobs und der übertriebenen Darstellung des Frankenschocks können die Arbeitgeber den Arbeitnehmern Zugeständnisse abringen. Die Unternehmer verzichten ungern auf ihre Profite, infolgedessen beharren sie auf längeren Arbeitszeiten bei gleichem Lohn oder auf Lohnkürzungen.

USD im letzten Halbjahr stärker geworden

Im letzen halben Jahr hat der CHF gegenüber dem USD über 2% eingebüsst:

CHF gegenüber EUR und USD in den letzten 6 Monaten

Dieses Faktum wird kaum erwähnt, stattdessen wird in den Medien übertrieben die Stärke des CHF hervorgehoben.

Beim ehemaligen Preisüberwacher auch 15%

Der Ökonom und ehemalige Preisüberwacher Rudolf Strahm war einer der Ersten, der die Aufhebung des Mindestkurses kritisierte. Zurzeit ist er ein gefragter „Experte“ bei den Medien, leider bekundet auch er einige Mühe mit der Prozentrechnung:


Quelle: Radio SRF4, Wirtschaftswoche vom 20.02.2015 – Die Schocktherapie der Nationalbank wirkt nach

Auch beim Wirtschaftsjournalisten werden es 15-20%

Bei den meisten Online-Zeitungen strebt die journalistische Qualität gegen Null. Optimiert wird die Klickrate der Online-Werbung, dabei ist der Wahrheitsgehalt eines Beitrages zweitrangig. Ein Wirtschaftsjournalist wie Kaspar Wolfensberger kreiert aus circa 12% die spektakuläreren 15 bis 20%.

20 Minuten  vom 19.02.2015

Die Freigabe des Schweizer Frankens trifft die Tourismusbranche mit voller Härte. Für die ausländischen Gäste ist das Land auf einen Schlag 15 bis 20 Prozent teurer geworden.
Quelle: 20 Minuten Online – So überleben Skigebiete trotz starkem Franken

Glücklicherweise ist der meist empfohlene Lesekommentar, welcher diese Übertreibung bemängelte.

Ein leichter Lichtblick bei einem Unternehmer

Ein Hoffnungsschimmer gibt es mit dem Unternehmer Martin Frauenfelder, seine Annäherung war an diesem Tag nur circa 2% daneben:


Quelle: Radio SRF 1 vom 18.02.2014 – Martin Frauenfelder und Hans Hess – Überleben mit starkem Franken

Fazit

Seit der Aufhebung der Euro-Kurs-Untergrenze sind ausschliesslich Übertreibungen beim Frankenschock kommuniziert worden. Die Medien, Verbandsfunktionäre oder Politiker könnten seit einer Woche auch von 10% sprechen. Offensichtlich verkaufen sich Schlagzeilen mit der Überspitzung der Prozentzahlen besser. Auch die heutige Sendung „heuteMorgen“ von Radio SRF 1 übertreibt noch immer mit ihren 15%.


Quelle: Radio SRF 1, HeueMorgen vom 23.02.2015 – Bashar im Tourismus

Erfreuen dürfen sich die Arbeitgeber an der Übertreibung dieses Themas durch die Medien, dies hilft bei der Druckausübung auf die Arbeitnehmer.

Die Veröffentlichung der Unternehmenszahlen wird in den Medien oftmals mit dem aktuellen Aktienkurs kommentiert, obwohl die erwähnten Kursveränderungen öfters den allgemeinen Tagestrend unterliegen. Scheinbar können Wirtschaftsredaktoren die aktuellen Kursdaten ermitteln. Veränderungen der Aktienindizes werden auf eine Nachkommastelle in den Medien wiedergegeben. Eine Definition des Frankenschocks mit einer Genauigkeit von einem Prozent sollte tagesaktuell doch möglich sein?

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