In diesem Beitrag möchte ich explizit festhalten, dass ich die Schuldfrage an diesem Krieg nicht behandeln werde. Diese komplexe Frage verdient möglicherweise einen separaten Artikel. Stattdessen konzentriere ich mich auf die ökonomischen und gesellschaftlichen Kosten für Europa und auf die erstaunliche Diskrepanz in der öffentlichen Debatte zwischen zwei grossen Krisen: den Rettungsprogrammen für Griechenland und dem Krieg in der Ukraine.

Warum dieser Beitrag notwendig ist

Die Motivation für das Schreiben dieses Textes wurde in den letzten Monaten dadurch bestärkt, dass die europäischen politischen Staatsführer offensichtlich überhaupt keinen Frieden in der Ukraine wollen. Dies liegt einerseits an der sehr einseitigen Berichterstattung zugunsten der Ukraine und andererseits an den kriegstreiberischen Kommentaren der Leser in den Medien. Ich fühle mich bestärkt, auch eine andere Sichtweise in die Diskussion einzubringen. Wer heute öffentlich Zweifel an der aktuellen Politik äussert oder nach den Kosten fragt, wird schnell in eine Ecke gestellt. Die Debattenkultur ist vergiftet. Kritische Stimmen werden nicht als legitimer Teil einer demokratischen Auseinandersetzung wahrgenommen, sondern als Störfaktoren behandelt. Das kann nicht richtig sein. In einer funktionierenden Demokratie muss es möglich sein, auch unbequeme Fragen zu stellen, ohne sofort moralisch diskreditiert zu werden.

Einleitung: Vom Klimawandel zum Dauerkrieg

Erinnern Sie sich noch an die Zeit vor der Corona Pandemie? Der Kampf gegen die Klimaerwärmung beherrschte die politische Agenda. Fridays for Future mobilisierte Hunderttausende, der Green Deal der EU wurde als historisches Projekt verkauft, und kaum eine politische Rede kam ohne Verweis auf die Klimakrise aus. Dann kam im Frühjahr 2020 die Pandemie und verschob die Prioritäten radikal. Seit Februar 2022 bestimmt nun der Krieg in der Ukraine die europäische Politik. Und der Klimaschutz? Er scheint massiv an Priorität verloren zu haben. Die Ressourcen fliessen heute in Aufrüstung und Kriegsfinanzierung, nicht in die Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft.

Doch worum es mir in diesem Beitrag vor allem geht, ist die völlig unterschiedliche Art und Weise, wie Europa über die Kosten dieser beiden Krisen debattiert. Bei den Rettungsprogrammen für Griechenland zwischen 2010 und 2018 dominierte monatelang die Empörung über jeden ausgegebenen Euro. Bei den Kosten des Krieges in der Ukraine herrscht hingegen weitgehend Schweigen. Diese Diskrepanz wirft grundlegende Fragen über Transparenz, demokratische Kontrolle und die Rolle der Medien auf.

Die Rettungsprogramme für Griechenland: Als jeder Euro zählte

Wer die Jahre nach der Finanzkrise von 2008 politisch verfolgt hat, erinnert sich an die endlosen Debatten über die Rettung Griechenlands. Über drei Programme hinweg erhielt Griechenland Kredite in Höhe von insgesamt knapp 290 Milliarden Euro. Die mediale Berichterstattung war intensiv und oft emotional aufgeladen. In der deutschen Presse wurde vom „faulen Griechen“ geschrieben, der auf Kosten der fleissigen Nordeuropäer lebe. Jede neue Tranche wurde in den nationalen Parlamenten debattiert. Die Austeritätsmassnahmen waren über Jahre hinweg das beherrschende Thema der europäischen Politik. Was in der aufgeregten öffentlichen Debatte oft unterging: Die Rettungsprogramme dienten primär der Stabilisierung des europäischen Bankensystems. Französische und deutsche Banken hatten massive Risiken in griechischen Staatsanleihen konzentriert, in der Grössenordnung von über 100 Milliarden Euro. Unabhängige ökonomische Analysen zeigen, dass weniger als 10 Prozent der Hilfsgelder tatsächlich dem griechischen Staatshaushalt zur Verfügung standen. Der Rest floss durch den griechischen Haushalt hindurch und diente der Rückzahlung an private Gläubiger. Der Mechanismus war faktisch eine Umschuldungsoperation: Das Ausfallrisiko wanderte von den Bilanzen französischer und deutscher Banken auf die öffentlichen Haushalte der Eurozone. Die griechische Bevölkerung trug die Hauptlast dieser Politik durch eine beispiellose Wirtschaftsdepression mit einem Verlust von etwa einem Viertel des Bruttoinlandsprodukts.

Das Entscheidende aber war: Es gab eine intensive öffentliche Debatte. Jeder Euro wurde auf die Waagschale gelegt. Die Medien berichteten ausführlich. Die Parlamente debattierten. Die Bürger konnten sich informieren und eine Meinung bilden.

Der Krieg in der Ukraine: Schweigen über Hunderte Milliarden

Seit Februar 2022 unterstützt Europa die Ukraine in einem historisch beispiellosen Umfang. Die direkten Hilfszusagen von EU Institutionen und Mitgliedstaaten belaufen sich auf weit über 170 Milliarden Euro. Hinzu kommen indirekte Kosten durch die Energiekrise und die Versorgung von Millionen Flüchtlingen, die sich auf mehrere Hundert Milliarden Euro summieren. Insgesamt sprechen wir von quantifizierbaren Kosten von deutlich über 600 Milliarden Euro in weniger als vier Jahren.

Zum Vergleich: Das ist mehr als das Doppelte der gesamten Rettungsprogramme für Griechenland, und das in weniger als der Hälfte der Zeit. Und nun die entscheidende Frage: Wo ist die öffentliche Debatte über diese Summen? Wo sind die kritischen Parlamentsdebatten? Wo sind die Schlagzeilen, die nach Transparenz und Rechenschaft verlangen? Das Schweigen ist ohrenbetäubend.

Die verschwiegenen Opfer: Hunderttausende Tote für die „Freiheit“

Es wird immer von der Freiheit gesprochen, die angeblich in der Ukraine verteidigt wird. Es wird aber nie von den verletzten und toten Soldaten beider Seiten gesprochen. Die genauen Opferzahlen bleiben weitgehend im Dunkeln, aber seriöse Schätzungen gehen von Hunderttausenden getöteten und verletzten Soldaten aus. Hinter jeder dieser Zahlen stehen Familien, die einen Sohn, einen Vater, einen Bruder verloren haben.

Ich stelle mir immer vor: Nach dem Mauerfall 1989 waren plötzlich überall Touristen aus Ländern hinter dem Eisernen Vorhang anzutreffen. Wahrscheinlich haben sich auch Ukrainer mit Russen irgendwo in einer Bar einer Feriendestination unterhalten und sich zusammen amüsiert. Jetzt schiessen vielleicht die gleichen Personen aufeinander, nur weil es eine alte Elite dieser und anderer Länder will. Das ist doch einfach nur hirnverbrannt. Diese menschliche Dimension des Krieges wird in der medialen Berichterstattung systematisch ausgeblendet. Stattdessen dominieren abstrakte Begriffe wie „territoriale Integrität“ und „regelbasierte Ordnung“ die Debatte. Die konkreten Menschen, die jeden Tag sterben, bleiben unsichtbar.

Selektive Empörung: Wenn manche Opfer mehr zählen als andere

Über die zivilen Opfer in der Ukraine wurde natürlich schon in der westlichen Presse geschrieben. Am liebsten über Kinder, die bei Luftangriffen sterben. So kann das Narrativ des bösen Putin und der bösen Russen aufrechterhalten werden. Jedes getötete ukrainische Kind wird zum Symbol für die Unmenschlichkeit des Krieges stilisiert, und das ist auch richtig so. Kein Kind sollte in einem Krieg sterben müssen. Doch die Heuchelei offenbart sich, wenn man den Blick auf andere Konflikte richtet. Im Schweizer Radio SRF wird wenigstens auch über die kindlichen Opfer der Palästinenser berichtet, wobei angemerkt wird, dass diese Angaben nicht verifiziert werden können. Das ist ein weiterer Beweis für die Voreingenommenheit der westlichen Berichterstattung. Israel darf fast alles und Russland fast nichts.

Warum werden die Opferzahlen aus der Ukraine ohne Verifikationsvorbehalt übernommen, während bei palästinensischen Opfern stets betont wird, dass die Angaben nicht überprüfbar seien? Warum sind tote Kinder in der Ukraine ein Beweis für russische Kriegsverbrechen, während tote Kinder in Gaza als bedauerliche Kollateralschäden im Kampf gegen den Terrorismus dargestellt werden? Diese Doppelmoral in der Berichterstattung ist für jeden denkenden Menschen offensichtlich. Sie zeigt, dass es nicht wirklich um Menschenrechte, humanitäre Prinzipien oder das Völkerrecht geht. Es geht um geopolitische Interessen und um die Frage, wer als Verbündeter gilt und wer als Feind. Die Medien spielen dabei die Rolle des Verstärkers für diese selektive Empörung.

Die Konsequenz dieser einseitigen Berichterstattung ist fatal: Die Bevölkerung entwickelt ein verzerrtes Bild der Realität. Wer nur erfährt, dass russische Angriffe zivile Opfer fordern, aber nie hört, dass auch ukrainische Streitkräfte zivile Gebiete beschossen haben, kann sich keine ausgewogene Meinung bilden. Wer ständig mit Bildern von Zerstörung in ukrainischen Städten konfrontiert wird, aber kaum etwas über die Situation in den von der Ukraine beschossenen Gebieten im Donbass erfährt, bekommt nur die halbe Wahrheit präsentiert.

Angst als Geschäftsmodell: Die mysteriösen Drohnensichtungen

Ein besonders aufschlussreiches Beispiel für die Propaganda Maschinerie ist das Phänomen der Drohnensichtungen der letzten Monate. An verschiedenen europäischen Flughäfen wurden vermehrt angebliche Drohnen gesichtet. Politiker und Medien schrieben diese Vorfälle mehrheitlich den Russen zu. Die Narrative war klar: Russische Sabotage, hybride Kriegsführung, die Bedrohung ist bereits bei uns angekommen. Inzwischen wurden einige dieser Sichtungen aufgeklärt. Es waren irgendwelche Hobby Flieger. Teilweise sogar ganz normale Flugzeuge oder Vögel, die in der Dämmerung für Drohnen gehalten wurden. Doch die ursprünglichen Schlagzeilen über die russische Bedrohung hatten ihre Wirkung bereits erzielt. Ich glaube, dies war mehr eine Propaganda Aktion des Westens, um in der Bevölkerung Angst zu schüren. Die immensen Aufrüstungsprogramme, die derzeit in ganz Europa beschlossen werden, müssen dem Wahlvolk irgendwie verkauft werden. Was eignet sich dazu besser als die Suggestion einer unmittelbaren Bedrohung? Wenn russische Drohnen angeblich unsere Flughäfen bedrohen, lassen sich dreistellige Milliardenbeträge für neue Waffensysteme leichter rechtfertigen.

Das Perfide an dieser Art von Angstpropaganda ist, dass die Korrektur der ursprünglichen Behauptungen kaum noch Beachtung findet. Die erste Schlagzeile „Russische Drohnen über deutschem Flughafen“ erreicht Millionen. Die Aufklärung „Es war doch nur eine Hobbydrohne“ verschwindet irgendwo auf Seite 15. Der gewünschte Effekt ist bereits eingetreten: Die Bevölkerung ist verunsichert und akzeptiert die Aufrüstung.

Medien als Sprachrohr: Kriegstreiber statt Friedenstauben

Eine zentrale Rolle in diesem Krieg spielen die europäischen Medien. Sie funktionieren weitgehend als Sprachrohr der Regierungen und stellen nicht die Frage nach den sinnlosen Toten und den finanziellen Kosten dieses Krieges. Auffällig ist, wie viel mediale Zeit den „Kriegstreibern“ eingeräumt wird, während die Friedenstauben kaum zu Wort kommen. Wer in den Medien auch nur vorsichtig Verhandlungen fordert, wird schnell als „Putinversteher“ oder „nützlicher Idiot“ diffamiert. Die Debatte ist erstaunlich einseitig. Das Mantra „Die Ukraine darf nicht verlieren“ hat eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Kosten, Risiken und möglichen diplomatischen Lösungen weitgehend ersetzt.

Die Dämonisierung Putins: Ein Hindernis für Friedensverhandlungen

Für die Europäer ist möglicherweise Putin als Person das Problem. Weil sie nicht verhandeln wollen, wird er zur absoluten Unperson erklärt. Ein besonders drastisches Beispiel lieferte der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz vor etwa zwei Monaten, als er Putin den „vielleicht grössten Kriegsverbrecher unserer Zeit“ nannte:

Diese Art der Rhetorik macht Verhandlungen nahezu unmöglich. Denn wie soll man mit jemandem verhandeln, den man öffentlich als grössten Kriegsverbrecher unserer Zeit bezeichnet hat? Der Lügenkanzler Merz, und ja, dieses Framing ist angebracht, da es stimmt, hat sich und Europa durch solche Aussagen in eine Sackgasse manövriert, aus der es ohne massiven Gesichtsverlust keinen Ausweg mehr gibt. Die politische Klasse Europas hat sich durch ihre eigene Rhetorik gefangen. Jeder Schritt in Richtung Verhandlungen würde nun als Schwäche oder gar Verrat ausgelegt. Also wird weiter gekämpft, weiter aufgerüstet, weiter finanziert. Und täglich sterben Menschen.

Das Phänomen der Ungnade: Assad und al-Scharaa

Dabei zeigt die internationale Politik immer wieder, wie schnell jemand in Ungnade fallen oder rehabilitiert werden kann. Erwähnenswert ist hier Baschar al-Assad von Syrien, der für die westlichen Staaten lange in Ungnade gefallen war. Sein Nachfolger Ahmed al-Scharaa wurde kürzlich im Weissen Haus empfangen. Erstaunlicherweise stand dieser kurz zuvor noch auf der Terroristenliste der USA.

Dieses Beispiel zeigt: Politische Kategorien wie „Terrorist“ oder „Verhandlungspartner“ sind keine objektiven Tatsachen, sondern Zuschreibungen, die sich je nach politischer Opportunität ändern können. Wer heute als Unberührbarer gilt, kann morgen schon wieder ein akzeptabler Gesprächspartner sein. Die Frage ist: Warum soll das bei Putin nicht möglich sein? Warum verhindert die Dämonisierung einer Person ernsthafte Friedensbemühungen, während Hunderttausende sterben und Hunderte Milliarden Euro in die Kriegsfinanzierung fliessen?

Friedensbemühungen: Scheingipfel ohne Substanz

In den letzten Monaten gab es nur ernsthafte Friedensbemühungen durch US Präsident Trump, während sich die meisten Amtsträger der EU den echten Friedensgesprächen verweigern. Der vielzitierte Friedensgipfel in der Schweiz im Juni 2024 war ohne Russland ein lächerliches Unterfangen. Viel Lärm um nichts. Wie soll man einen Krieg beenden, wenn eine der beiden Kriegsparteien nicht am Tisch sitzt? Diese Art von symbolischer Diplomatie, bei der man sich gegenseitig auf die Schulter klopft, aber keine substanziellen Verhandlungen führt, ist bestenfalls naive Selbsttäuschung, schlimmstenfalls bewusste Verschleppung. Jeden Tag, an dem nicht ernsthaft verhandelt wird, sterben Menschen. Jeden Monat fliessen weitere Milliarden in die Kriegsfinanzierung.

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Empathie gewisser Politiker

Während US-Präsident Trump in seinen Aussagen zu Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland fast immer die sterbenden Soldaten beider Kriegsparteien erwähnt, sucht man solche Äusserungen bei deutschen Kriegstreibern wie Roderich Kiesewetter oder Marie-Agnes Strack-Zimmermann vergeblich. Zugegeben, ich kann mir die Kriegstreiberei dieser beiden Politiker schon lange nicht mehr anhören, daher ist dies eine leicht spekulative Aussage. Aber ich habe von diesen beiden Politikern bisher nie ein Bedauern über die sterbenden Soldaten gehört. Ihre öffentlichen Auftritte drehen sich um Waffenlieferungen, um die Notwendigkeit der „Unterstützung“, um strategische Überlegungen. Die jungen Männer, die täglich auf beiden Seiten sterben, kommen in dieser Rhetorik nicht vor.

Diese selektive Empathie ist bezeichnend. Trump mag vieles sein, aber in diesem Punkt zeigt er mehr Menschlichkeit als die europäischen Scharfmacher. Er spricht von den Toten, von den Familien, vom sinnlosen Sterben. Die deutschen Falken sprechen von Leopard-Panzern und Taurus-Marschflugkörpern. Das sagt viel über die unterschiedlichen Perspektiven aus.

Das Demokratiedefizit: Wer entscheidet über Krieg und Frieden?

Ich halte es nicht für gut, dass die Regierungen ohne Rückfrage an ihre Wähler diesen Krieg weiterführen. Bei den Rettungsprogrammen für Griechenland gab es intensive parlamentarische Kontrolle, Volksabstimmungen wurden diskutiert, die öffentliche Debatte war allgegenwärtig. Beim Krieg in der Ukraine herrscht ein fundamentales Demokratiedefizit. Es gab keine Volksabstimmungen über die Fortsetzung der Militärhilfe in diesem Umfang. Die parlamentarischen Debatten über die Gesamtstrategie sind minimal. Trotz enormer Kosten von über 600 Milliarden Euro bleiben Massenproteste aus. Warum? Weil die wahren Kosten nicht transparent kommuniziert werden. Weil die Zahl der gefallenen Soldaten verschwiegen wird. Weil die Medien ihrer Kontrollfunktion nicht nachkommen. Ich bin mir sicher: Wenn die menschlichen und finanziellen Kosten dieses Krieges transparent gemacht würden, gäbe es in Europa sehr viele Demonstrationen für die Beendigung dieses Krieges. Ich glaube, ich bin nicht der Einzige in Europa, der diesen Krieg schnellstmöglich beendet sehen möchte.

Generationenungerechtigkeit: Wenn alte Eliten die Zukunft junger Menschen verspielen

Ich finde es katastrophal, dass eine Elite aus älteren Herren und Damen mit Investitionen in Kriege und deren Folgen die Zukunft junger Menschen verbaut. Schauen wir uns an, wer die Entscheidungen trifft: Die politische Führung Europas besteht mehrheitlich aus Menschen jenseits der 60, oft sogar jenseits der 70. Sie werden die langfristigen Folgen ihrer Entscheidungen nicht mehr erleben müssen. Die Schulden, die heute aufgetürmt werden, die zerstörte Infrastruktur, die vergifteten diplomatischen Beziehungen, das alles müssen die jüngeren Generationen ausbaden. Es sind nicht die 70-jährigen Politiker, die an der Front sterben. Es sind die 20- bis 30-jährigen Soldaten. Es sind nicht die älteren Eliten, die in den nächsten Jahrzehnten die Kriegsschulden zurückzahlen müssen. Es sind die jungen Steuerzahler. Es sind nicht die Entscheidungsträger von heute, die in einer Welt mit zerrütteten Beziehungen zu Russland und einem militarisierten Europa leben werden. Es sind die Kinder und Enkel.

Möglicherweise sollten wir in den westlichen Demokratien eine Altersbeschränkung für Politiker oder Wähler einführen. Man könnte beispielsweise die Stimmen von Wählern unter 60 Jahren mit dem Faktor 1.8 höher gewichten. Das klingt radikal, aber ist es nicht ebenso radikal, dass Menschen, die in 20 Jahren nicht mehr leben werden, Entscheidungen treffen, die über Jahrzehnte nachwirken? Die ökonomische Realität ist brutal: Die Generation, die heute in Europa politisch dominiert, hat bereits eine beispiellose Staatsverschuldung angehäuft. Die Rentensysteme sind nicht nachhaltig finanziert. Die Klimakrise wird ignoriert. Und nun wird auch noch ein Krieg mitfinanziert, dessen Kosten in die Hunderte Milliarden gehen. All das wird auf dem Rücken der jüngeren Generationen ausgetragen. Hinzu kommt: Viele der älteren Politiker und Entscheidungsträger haben durchaus Investitionen in Rüstungsunternehmen oder profitieren indirekt von der Kriegswirtschaft. Die Verflechtungen zwischen Politik und Rüstungsindustrie sind in Europa erheblich. Während junge Menschen an der Front sterben oder mit den wirtschaftlichen Folgen kämpfen, gibt es durchaus Kreise, die von diesem Krieg profitieren.

Die Ukraine: Ein gescheiterter Staat am Tropf

Ein weiterer Aspekt, der selten thematisiert wird: Die Ukraine ist ökonomisch längst bankrott. Der Staatshaushalt wird etwa zur Hälfte aus ausländischer Hilfe finanziert. Ohne die kontinuierlichen Transfers aus Europa wäre der ukrainische Staat nicht handlungsfähig. Eine Exit-Strategie ist nicht erkennbar. Die Ukraine wird auf absehbare Zeit ein Transferempfänger bleiben, selbst wenn der Krieg morgen enden würde. Die Parallele zu Griechenland ist frappierend. Auch dort führten die Rettungsprogramme nicht zu einer echten wirtschaftlichen Erholung, sondern zu einer dauerhaften Abhängigkeit. Nur dass bei der Ukraine die Summen noch weitaus höher sind und die wirtschaftlichen Aussichten noch düsterer.

Fazit: Zeit für Transparenz, Debatte und echte Friedensgespräche

Die Gegenüberstellung der beiden Krisen offenbart einen fundamentalen Widerspruch in der europäischen Politik. Bei den Rettungsprogrammen für Griechenland über knapp 290 Milliarden Euro gab es maximale öffentliche Kontrolle, jahrelange mediale Empörung und intensive parlamentarische Debatten. Bei den Kosten des Krieges in der Ukraine von deutlich über 600 Milliarden Euro herrscht hingegen weitgehend Schweigen. Die Klimakrise, die vor der Pandemie und dem Krieg das beherrschende politische Thema war, ist heute weitgehend aus der Agenda verschwunden. Die enormen Ressourcen, die heute in Aufrüstung und Kriegsfinanzierung fliessen, fehlen beim Klimaschutz. Die Frage nach den Prioritäten stellt sich drängend.

Die europäischen Medien spielen in diesem Krieg eine unrühmliche Rolle. Anstatt kritisch zu hinterfragen und die Regierungen zur Rechenschaft zu ziehen, funktionieren sie weitgehend als Verstärker der offiziellen Narrative. Die Dämonisierung Putins macht ernsthafte Verhandlungen nahezu unmöglich, während täglich Menschen sterben. Angstpropaganda wie die Drohnen Geschichte über europäischen Flughäfen soll die Bevölkerung auf die massiven Aufrüstungsprogramme einstimmen.

Bürger haben ein Recht auf volle Transparenz über sämtliche Kosten dieses Krieges, sowohl die finanziellen als auch die menschlichen. Eine demokratische Gesellschaft muss über einen Krieg dieser Dimension entscheiden können. Die Forderung ist klar: Offenlegung aller Kosten, ernsthafte Friedensverhandlungen mit allen Kriegsparteien am Tisch und echte Bürgerbeteiligung bei Entscheidungen über die Fortsetzung der Unterstützung.

Hunderte Milliarden Euro, Hunderttausende Tote und Verletzte, fast vier Jahre Leid. Menschen, die sich früher in Feriendestinationen getroffen und zusammen gelacht haben, schiessen jetzt aufeinander, weil es eine alte Elite will. Europa redet darüber weniger als über die Rettung Griechenlands. Das ist nicht nur ein Skandal, das ist eine Bankrotterklärung unserer demokratischen Kultur.

Als westlicher Politiker dürfte ich folgenden Text wohl nicht schreiben, denn das wäre wahrscheinlich gleichbedeutend mit dem Karriereende. Wer möchte schon gerne einen solchen Spiegel vorgehalten bekommen? Die politische Realität westlicher Demokratien verlangt von Politikern, dass sie die angenehmen Mythen aufrechterhalten. „Wir sind die Guten, unser Wohlstand ist verdient und unsere Interventionen dienen edlen Zielen.“ Wer diese Illusionen zerstört, wird nicht wiedergewählt. Die Wahrheit ist in der Politik meist ein Luxus, den sich nur wenige leisten können.

In meinem letzten Beitrag habe ich geschrieben, dass die NATO eher ein Machtinstrument als ein Verteidigungsbündnis ist. Was ist meine Motivation, diesen sowie die vorherigen und den nächsten Beitrag zu schreiben? Einerseits beklagt sich der Westen über die Einmischung fremder Mächte in seine demokratischen Wahlen. Andererseits versteht der Westen nicht, warum sich der Rest der Welt nicht an den Sanktionen gegen Russland beteiligen will. Offensichtlich leidet der Westen an Amnesie, wenn es um seine eigene Einmischung in fremde Länder geht. Ich möchte an dieser Stelle an die Interventionen der USA, der NATO und der Koalition der Willigen erinnern.

Wir sind doch die Guten

Wer die Medien der letzten Jahre aufmerksam verfolgt hat, kennt das Muster: Wir sind die Guten. Wir stehen für Demokratie, Freiheit und Menschenrechte. Wenn westliche Länder militärisch eingreifen oder sich in fremde Angelegenheiten einmischen, dann geschieht das angeblich aus moralischer Verantwortung. Nicht aus Eigennutz, versteht sich.

Dieses Selbstbild ist nicht ganz aus der Luft gegriffen. Viele westliche Staaten haben tatsächlich funktionierende demokratische Institutionen. Es gibt Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung und eine vermeintlich freie Presse. Allerdings ist die freie Presse eher ein theoretisches Konstrukt, die Wirklichkeit sieht leider anders aus. Soweit, so gut. Das Problem beginnt jedoch, wenn man den Blick nach aussen richtet. Dann wird schnell klar: Was im Inneren gepredigt wird, gilt für die Aussenpolitik nicht unbedingt. Besonders absurd wird es, wenn sich westliche Politiker über russische Wahleinmischung empören, während ihre eigenen Regierungen seit Jahrzehnten Regime stürzen und Wahlen manipulieren. Der Unterschied liegt nur in der Etikettierung: Was andere als Einmischung betreiben, nennt der Westen „Demokratieförderung“.

Nach 1945 bauten die USA und ihre Verbündeten systematisch eine Weltordnung auf, die ihren Interessen diente. Zunächst war der Kommunismus der grosse Feind, später wurden Menschenrechte und Demokratie zu den neuen Rechtfertigungen. In Wahrheit ging es meist um Rohstoffe, Märkte und geopolitische Kontrolle. Schauen wir uns die Fakten an.

Wer zählt zum Westen?

Der Begriff „Westen“ klingt geografisch eindeutig, ist aber in Wahrheit ein politisches Konstrukt. Nach 1945 entstanden, umfasste er zunächst die USA, Kanada und Westeuropa. Später kamen Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland dazu. Heute sprechen wir meist von der EU, NATO oder G7, wenn wir „den Westen“ meinen. Was diese Länder verbindet, ist weniger die Lage auf der Landkarte als eine gemeinsame ideologische Ausrichtung. Man versteht sich als „freie Welt“, als Verfechter von Demokratie und Marktwirtschaft. Soweit die Theorie.

Flexible Bündnispartner

Die Praxis sah schon im Kalten Krieg anders aus. Entscheidend war nicht, ob ein Land demokratisch war, sondern ob es antikommunistisch war. Saudi-Arabien, eine absolute Monarchie ohne jede politische Mitbestimmung, galt stets als enger Verbündeter. Warum? Weil das Königreich zuverlässig Öl lieferte und gegen die Sowjetunion Stellung bezog. Ähnlich verhielt es sich mit Militärdiktaturen in Lateinamerika. Solange sie als Bollwerk gegen linke Bewegungen dienten, wurden sie hofiert. Der Schah im Iran, Marcos auf den Philippinen, Pinochet in Chile – sie alle genossen westliche Unterstützung, obwohl ihre Regime brutal und autoritär waren.

Grenzfälle: Israel und die Türkei

Interessant sind Länder wie Israel und die Türkei. Israel wird trotz seiner Lage im Nahen Osten klar zum Westen gezählt. Die enge Bindung an die USA und die demokratischen Strukturen sprechen dafür – wobei die Behandlung der Palästinenser diese Zuordnung durchaus fragwürdig macht.

Die Türkei ist NATO-Mitglied und damit formal Teil des westlichen Sicherheitssystems. Unter Erdogan entfernt sich das Land aber immer weiter von demokratischen Standards. Trotzdem bleibt es ein wichtiger Partner, weil es die Verbindung zwischen Europa und Asien kontrolliert und als Puffer gegen Russland dient.

Das zeigt: Der Westen ist kein fester Club mit klaren Aufnahmekriterien. Es ist ein flexibles Konstrukt, das sich nach geopolitischen Interessen richtet. Wer die Mächtigen unterstützt, gehört dazu – egal, wie es um Demokratie und Menschenrechte bestellt ist.

Die USA und ihre Kriege

Kein Land hat die westliche Aussenpolitik seit 1945 so geprägt wie die USA. Sie sahen sich als Anführer der „freien Welt“ und als Bollwerk gegen den Kommunismus. Doch schon früh zeigte sich: Bei militärischen Interventionen ging es selten nur um edle Motive.

Korea und Vietnam: Die ersten grossen Lügen

Der Koreakrieg zu Beginn der 1950er Jahre wurde als Verteidigung der Freiheit dargestellt. Die Amerikaner waren der Meinung, dass sich die Zukunft der Demokratie in Asien entscheiden werde. Ähnlich funktionierte später die Rechtfertigung für den Vietnamkrieg. Die Domino-Theorie besagte, dass, wenn ein Land dem Kommunismus anheimfällt, die ganze Region folgt. Dieses Narrativ war entscheidend, um die eigene Bevölkerung bei der Stange zu halten. In Wahrheit ging es jedoch darum, den amerikanischen Einfluss in Asien zu sichern und der Sowjetunion zu zeigen, wer der Boss ist. Die Kosten waren immens. In Korea starben Millionen Menschen, in Vietnam noch mehr. Napalm und Agent Orange hinterliessen Spuren, die noch heute sichtbar sind. Dennoch hielten die USA an der Erzählung fest, sie kämpften für die Freiheit.

Irak 2003: Die perfekte Inszenierung

Nach dem Ende des Kalten Krieges änderte sich das Vokabular, nicht aber die Praxis. Der Irakkrieg 2003 ist das perfekte Beispiel. Offiziell ging es darum, Saddam Hussein zu entwaffnen, weil er angeblich über Massenvernichtungswaffen verfügte.

Colin Powell trat vor die UNO und schwenkte ein Röhrchen mit weissem Pulver. „Beweis“ für Saddams Giftgaslabore. Eine komplette Fälschung, wie sich später herausstellte. Aber die Show funktionierte. Die westlichen Medien machten bereitwillig mit, übernahmen die Regierungsversion weitgehend unkritisch und verwandelten sich von Watchdogs zu Schosshündchen der Macht. Kritische Stimmen gab es zwar, aber sie wurden systematisch an den Rand gedrängt oder gingen in der orchestrierten Flut offizieller Verlautbarungen unter.

Jahre später gaben die Verantwortlichen zu, dass der Krieg auf einer Lüge beruhte. Zu spät. Der Irak war zerstört, Hunderttausende tot, die Region destabilisiert.

Afghanistan: 20 Jahre für nichts

Auch Afghanistan zeigt das Muster. Nach dem 11. September marschierten die USA ein, angeblich um Terroristen zu jagen und Demokratie zu bringen. 20 Jahre später kehrten die Taliban an die Macht zurück. Mission erfüllt?

Allen diesen Kriegen ist eines gemeinsam: Sie wurden mit moralischen Motiven gerechtfertigt, dienten aber knallharten Interessen. Machtpolitik, Ressourcen, geopolitische Kontrolle – darum ging es wirklich. Die Geschichten von Freiheit und Demokratie waren für das heimische Publikum.

Die USA und ihre Regime-Change-Aktionen

Manchmal reichten Panzer und Bomben nicht. Oft genügten CIA, Geld und politische Manipulation, um unliebsame Regierungen loszuwerden. Die Liste verdeckter Operationen ist lang und entlarvend.

Iran 1953 – Operation Ajax

Mohammed Mossadegh war demokratisch gewählt und wollte die Ölindustrie verstaatlichen. Die Einnahmen sollten dem iranischen Volk zugutekommen, nicht britischen und amerikanischen Konzernen. Das war für London und Washington inakzeptabel. CIA und MI6 organisierten einen Putsch. Mossadegh wurde gestürzt, der Schah kam zurück an die Macht. Fortan regierte er autoritär, aber pro-westlich. Offiziell hiess es, man habe den Iran vor dem Kommunismus gerettet. In Wahrheit ging es um Öl.

Guatemala 1954 – United Fruit Company

Ein Jahr später das gleiche Spiel in Guatemala. Präsident Jacobo Árbenz kündigte eine Landreform an, die auch die Ländereien der United Fruit Company betraf. Ein US-Konzern sah seine Profite bedroht – das genügte für einen Regime-Change. Die CIA inszenierte einen Putsch. Árbenz musste ins Exil, Guatemala fiel für Jahrzehnte in eine Spirale aus Gewalt und Militärdiktatur. Auch hier lautete die offizielle Begründung: Kampf gegen den Kommunismus.

Chile 1973 – Der Demokratie-Export

Salvador Allende war demokratisch gewählt und verfolgte eine sozialistische Politik. Das missfiel Washington. Die CIA unterstützte Augusto Pinochets Militärputsch. Was folgte, war eine der blutigsten Diktaturen Lateinamerikas.

Hier wird die Perversität des westlichen „Demokratie-Exports“ besonders deutlich: Ein demokratisch gewählter Präsident wird gestürzt, damit ein Diktator an die Macht kommt. Zehntausende wurden verfolgt, gefoltert, ermordet. Aber Pinochet war pro-westlich – das zählte.

Indonesien 1965 – Das vergessene Massaker

In Indonesien half die CIA dabei, Sukarno zu stürzen. Was folgte, war eines der grössten Massaker des 20. Jahrhunderts. Bis zu einer Million Menschen wurden ermordet, die meisten von ihnen Kommunisten oder vermeintliche Sympathisanten. Der Westen schwieg. Suhartos neue Diktatur öffnete das Land für westliche Investoren und stellte sich gegen China. Das war wichtiger als eine Million Tote.

Nicaragua 1980er – Die Contras

In Nicaragua unterstützten die USA die Contras gegen die sandinistische Regierung. Ein schmutziger Krieg, finanziert durch illegale Waffengeschäfte. Der Iran-Contra-Skandal kam schliesslich ans Licht, aber der Schaden war angerichtet.

Das Muster ist immer gleich: Demokratische Prinzipien spielen keine Rolle. Entscheidend ist nur, ob eine Regierung pro-westlich ist oder nicht. Wer sich den Interessen der USA und ihrer Verbündeten widersetzt, wird beseitigt – egal, ob demokratisch gewählt oder nicht.

Die westlichen Sanktionen: Strafe nur für die anderen

Wirtschaftssanktionen gelten als „zivilisierte“ Alternative zum Krieg. Die Liste sanktionierter Länder ist lang: Russland, Iran, Venezuela, Nordkorea, Kuba, Syrien und viele andere. Die Begründungen sind stets dieselben: Menschenrechtsverletzungen, Bedrohung der internationalen Sicherheit, Verstösse gegen das Völkerrecht.

Selektive Gerechtigkeit

Bei genauerer Betrachtung zeigt sich ein selektiver Ansatz. Saudi-Arabien führt einen verheerenden Krieg im Jemen, unterdrückt systematisch Frauen und Dissidenten, köpft regelmässig Menschen – aber Sanktionen? Fehlanzeige. Das Königreich ist strategischer Partner.

Der grosse Unterschied: Irak vs. Ukraine

Besonders deutlich wird die Doppelmoral beim Vergleich völkerrechtswidriger Kriege. Als Russland 2022 die Ukraine angriff, reagierte der Westen mit beispiellosen Sanktionen. Russische Oligarchen wurden weltweit verfolgt, ihre Vermögen eingefroren, ihre Yachten beschlagnahmt. Viele dieser Massnahmen trafen Menschen, die mit dem Krieg nichts zu tun hatten. Russische Staatsbürger wurden pauschal verdächtigt, nur weil sie den falschen Pass hatten.

Ganz anders 2003 beim Irak-Krieg. Die USA und ihre Verbündeten marschierten ohne UN-Mandat ein, basierend auf erwiesenermassen falschen Behauptungen. Dieser Angriffskrieg kostete Hunderttausende das Leben. Amerikanische „Oligarchen“ – die Spitzenverdiener der Rüstungsindustrie – wurden nicht sanktioniert. Ihre Geschäfte liefen prächtig.

Wer urteilt über wen?

Das zeigt: Sanktionen sind kein Instrument der Gerechtigkeit, sondern der Machtpolitik. Sie werden nicht aufgrund objektiver Kriterien verhängt, sondern nach geopolitischen Interessen. Problematisch ist auch, wer diese Sanktionen beschliesst. Es sind nicht internationale Gerichte oder neutrale Institutionen, sondern die westlichen Regierungen selbst. Sie sind Ankläger, Richter und Vollstrecker in einer Person. Das widerspricht jedem rechtsstaatlichen Prinzip.

Die Schweiz gibt ihre Neutralität auf

Besonders bedenklich ist, dass sich neutrale Länder wie die Schweiz an diesem System beteiligen. Die Schweiz übernahm die EU-Sanktionen gegen Russland nahezu vollständig. Ein klarer Bruch mit der eigenen Tradition. Diese Entscheidung zeigt: Die proklamierte Neutralität weicht der Realität der westlichen Zugehörigkeit. Die Schweiz handelt nicht als unabhängiger Staat, sondern als Teil des westlichen Blocks – auch wenn sie das ungern zugibt. Warum tut sie das? Der Druck aus Washington und Brüssel war schlicht zu gross für einen Kleinstaat. Die Schweiz ist eben nicht die Türkei, die als grosses NATO-Mitglied mit strategischer Bedeutung gewisse Alleingänge wagen kann. Mit acht Millionen Einwohnern kann sich die kleine Schweiz keine eigenständige Politik leisten, wenn die Grossmächte Druck machen. Ihre Wirtschaft hängt vollständig am Wohlwollen der USA und EU. Hätte sie sich verweigert, wären die Konsequenzen verheerend gewesen: Sanktionen, Isolation, wirtschaftlicher Selbstmord. In der Machtpolitik haben kleine Länder keine Wahl.

NATO-Interventionen: Der militärische Arm der westlichen Moral

Die NATO entwickelte sich nach 1991 von einem Verteidigungsbündnis zu einem Instrument westlicher Machtprojektion. Wie ich bereits in einem früheren Beitrag ausführlich dargestellt habe (Die NATO-Interventionen: Eine kritische Betrachtung des Verteidigungsbündnisses), folgen NATO-Einsätze einem klaren Muster.

Humanitäre Begründungen, geostrategische Ziele

Jugoslawien, Libyen, Afghanistan – immer lautete die Begründung: humanitäre Krise, Schutz der Zivilbevölkerung, Kampf für Menschenrechte. Das Ergebnis waren meist destabilisierte Regionen und fragwürdige Erfolge bei den angeblichen Zielen. Die NATO wurde so zum militärischen Arm einer westlichen Aussenpolitik, die eigene Interessen mit universellen Werten legitimiert. Besonders perfide ist die Instrumentalisierung humanitärer Krisen. Wenn der Westen militärisch eingreifen will, finden sich stets Menschenrechtsverletzungen als Vorwand. Dass es solche Krisen auch in befreundeten Ländern gibt, ohne dass eingegriffen wird, zeigt die Selektivität. Die NATO schützt nicht Menschenrechte – sie schützt westliche Interessen.

Fazit: Der heuchlerische Westen

Die Faktenlage ist erdrückend. Von Iran 1953 über Chile 1973 bis Irak 2003 – immer wieder griff der Westen in fremde Länder ein, stürzte demokratisch gewählte Regierungen oder führte Kriege auf der Basis von Lügen. Gleichzeitig wurden befreundete Diktatoren unterstützt, solange sie den westlichen Interessen dienten.

Was wir hier sehen, ist nicht nur Machtpolitik – es ist institutionalisierte Heuchelei. Der Westen predigt Demokratie und praktiziert Imperialismus. Er spricht von Menschenrechten und unterstützt Diktatoren. Er empört sich über fremde Wahleinmischung und manipuliert selbst Wahlen und Regierungen auf der ganzen Welt.

Das Sanktionssystem funktioniert nach demselben heuchlerischen Prinzip: Bestraft wird nur, wer dem Westen schadet – nicht wer gegen universelle Regeln verstösst. Völkerrechtsbrüche sind nur dann verwerflich, wenn sie von den „Falschen“ begangen werden. Wenn die USA einen Angriffskrieg führen, ist das bedauerlich. Wenn Russland dasselbe tut, ist es ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Selbst neutrale Länder wie die Schweiz werden in diese Heuchelei hineingezogen. Sie geben ihre Prinzipien auf, weil der Druck der westlichen Mächte zu gross ist. Die „regelbasierte internationale Ordnung“ entpuppt sich als System, in dem derjenige die Regeln macht, der die Macht hat.

Diese Doppelstandards sind kein Versehen. Sie sind das System. Der Westen hat eine Weltordnung geschaffen, in der er sich selbst die Rolle des moralischen Richters zuweist, während er gleichzeitig einer der grössten Rechtsbrecher ist. Das ist die Definition von Heuchelei.

Solange diese Heuchelei nicht benannt wird, bleibt die westliche Glaubwürdigkeit beschädigt. Wer anderen Moral predigt, sollte selbst moralisch handeln. Wer das nicht tut, ist ein Heuchler – und verdient es, als solcher bezeichnet zu werden.

Im zweiten Teil werden wir uns die strukturellen Grundlagen dieser westlichen Heuchelei anschauen: Wie der Westen auf Kosten anderer lebt, wie Medien die Bevölkerung manipulieren und wie der Ressourcenverbrauch die Umweltkrise anheizt. Die Interventionspolitik ist nur die Spitze des Eisbergs.

In der öffentlichen Wahrnehmung gilt die NATO als westliches Verteidigungsbündnis, das für demokratische Werte und Menschenrechte einsteht. Betrachtet man jedoch die Geschichte der Organisation und ihre tatsächlichen Aktivitäten, stellt sich die Frage, ob diese Darstellung der Realität entspricht. Eine ehrliche Analyse zeigt ein Bündnis, das primär geostrategische Interessen der USA verfolgt und wiederholt als Angriffsinstrument eingesetzt wurde.

Gründung und amerikanische Vormachtstellung

Die offizielle Gründungsgeschichte der NATO wird oft vereinfacht dargestellt. Eine aufschlussreichere Einschätzung ihrer ursprünglichen Funktion lieferte der erste NATO-Generalsekretär Hastings Lionel Ismay: Die Aufgabe der NATO sei es, „die Amerikaner drinnen, die Russen draussen und die Deutschen unten zu halten“.

Diese amerikanische Dominanz prägt die NATO-Strukturen bis heute:

  • Der wahre Befehlshaber: Während der Generalsekretär traditionell ein Europäer ist und das Bündnis nach aussen repräsentiert, liegt die eigentliche Macht beim amerikanischen Präsidenten.
  • Der SACEUR: Der Oberbefehlshaber der NATO in Europa (SACEUR) war seit 1951 ausnahmslos immer ein amerikanischer General – angefangen bei Dwight D. Eisenhower, der später US-Präsident wurde.

Die verdeckte Seite: NATO-Geheimarmeen

Neben der offiziellen Militärstruktur unterhielt die NATO jahrzehntelang geheime „Stay-Behind-Armeen“ in ganz Europa. Deren Existenz wurde 1990 durch die Aufdeckung der „Operation Gladio“ in Italien einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Der Schweizer Historiker Daniele Ganser dokumentierte, wie der italienische Premierminister Giulio Andreotti die Existenz dieser von CIA und MI6 aufgebauten Geheimarmee bestätigte.

Offiziell sollten diese Einheiten im Falle einer sowjetischen Invasion als Guerillatruppe agieren. Tatsächlich wurden sie jedoch auch innenpolitisch eingesetzt:

  • Terror zur Machtsicherung: In Italien, wo die kommunistische Partei stark war und ein NATO-Austritt befürchtet wurde, verübte die Gladio-Truppe Terroranschläge, die anschliessend fälschlicherweise linken Gruppen angelastet wurden.
  • Disziplinierung von Mitgliedern: Die Geheimarmeen dienten als Druckmittel, um NATO-kritische Länder auf Linie zu halten.

Das selbst proklamierte Wertebündnis

Die NATO bezeichnet sich in ihrem strategischen Konzept als Gemeinschaft, die auf „individueller Freiheit, Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“ basiert. Die Praxis zeigt jedoch ein anderes Bild.

Anstatt Menschenrechte konsequent zu schützen, fungiert die NATO oft als Schutzschirm für Menschenrechtsverletzungen ihrer Mitgliedstaaten. Kriegsverbrechen bleiben meist straflos – ein Beispiel ist der Fall des Bundeswehrobersts Georg Klein, der 2009 die Bombardierung in Kundus, Afghanistan, befahl, bei der über hundert Zivilisten starben. Klein wurde nie zur Verantwortung gezogen, sondern später zum Brigadegeneral befördert.

Gleichzeitig werden Journalisten wie Julian Assange, die Kriegsverbrechen von NATO-Mitgliedern aufdecken, verfolgt. Die Menschenrechtslage in Mitglieds- oder Partnerländern spielt oft eine untergeordnete Rolle. Als in der Türkei nach dem Militärputsch 1980 Hunderttausende verhaftet und gefoltert wurden, stellte niemand die NATO-Mitgliedschaft infrage.

Besonders bezeichnend für diese Haltung ist die Entscheidung, den NATO-Gipfel 2025 in der Türkei abzuhalten – zum ersten Mal in einem zunehmend autoritär regierten Mitgliedsland. Während jahrelang Widerstand gegen diese Entscheidung bestand, verstummte die Kritik plötzlich. Präsident Erdogan hat systematisch Oppositionelle abserviert und das Land auf den demokratischen Tiefststand seit Ende der Militärdiktatur geführt. Doch aus NATO-Sicht zählen andere Faktoren: Die Türkei liefert Drohnen an die Ukraine, kontrolliert den Bosporus und verfügt über grosse Streitkräfte. Realpolitik kommt vor Moralpolitik – das erklärt nicht nur diese Gipfelentscheidung, sondern die gesamte NATO-Logik.


Quelle: SRF, Echo der Zeit vom 12.07.2025 – Auf Demokratie kommt es nicht mehr an

Die Türkei steht als undemokratischer „Sündenfall“ im Bündnis nicht mehr alleine da. Auch Ungarn und die Slowakei bewegen sich Richtung autoritäre Herrschaft. Diese Entwicklung wirft die Frage auf, wie sich das mit der Glaubwürdigkeit der NATO als „Allianz demokratischer Staaten“ vertragen soll. Offenkundig kommt es darauf nicht mehr an.

Die Interventionen: Eine Bilanz

Interessant ist, dass keine der kriegerischen Auseinandersetzungen, an denen die NATO beteiligt war, ein Verteidigungsfall im Sinne des Artikels 5 des Nordatlantikvertrags war. Ein gemeinsames Muster zeigt sich durch nahezu alle Interventionen: Ein fundamentales Unverständnis für die komplexen Realitäten der Länder, in denen operiert wurde.

Jugoslawien (1999)

Der erste NATO-Krieg war der Angriff auf Serbien. Er war weder ein Verteidigungsfall noch von den Vereinten Nationen autorisiert. Selbst der damals beteiligte deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder gab später zu, dass die Bombardierung eines souveränen Staates ohne UN-Sicherheitsratsbeschluss ein klarer Bruch des Völkerrechts war.

Afghanistan (2001-2021)

Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 riefen die USA erstmals in der NATO-Geschichte den Bündnisfall nach Artikel 5 aus. Da der Angriff jedoch nicht von einem Staat, sondern von einer Terrororganisation ausging, bewerten viele Kritiker diese Ausrufung als konstruierten Anlass für eine umfassende geopolitische Operation.

Die Intervention endete im August 2021 mit einem chaotischen Abzug. Die afghanische Armee und Regierung kollabierten innerhalb weniger Tage, die Taliban übernahmen wieder die Macht. Heute befindet sich Afghanistan in einer katastrophalen humanitären Krise. Die Ziele der Intervention – Demokratie, Stabilität und die Beseitigung des Terrorismus – wurden vollständig verfehlt.

Irak (2003-2011)

Obwohl kein offizieller NATO-Krieg, wurde die völkerrechtswidrige Invasion von einer „Koalition der Willigen“ unter US-Führung durchgeführt, die fast ausschliesslich aus NATO-Mitgliedern bestand. Die offiziellen Kriegsgründe stellten sich als nachweislich falsch heraus.

Das entstandene Machtvakuum war der direkte Nährboden für den Aufstieg der Terrororganisation „Islamischer Staat“. Heute leidet der Irak weiterhin unter chronischer Instabilität, grassierender Korruption und tiefen sektiererischen Spannungen.

Libyen (2011)

Unter dem Vorwand der UN-Resolution 1973 startete die NATO Luftangriffe in Libyen. Dieses Mandat wurde jedoch schnell überdehnt und für einen aktiven Regimewechsel instrumentalisiert. Nach Gaddafis Tod beendete die NATO ihre Operation abrupt, ohne einen Plan für die Stabilisierung zu haben.

Die Intervention stürzte Libyen in einen vollständigen Staatszerfall. Das Land wurde zum Zentrum für Waffenschmuggel, Terrorismus und Menschenhandel. Bis heute ist Libyen ein gescheiterter Staat ohne stabile Zentralregierung.

Die NATO-Osterweiterung: Gebrochene Versprechen?

Ein weiterer kritischer Aspekt ist die NATO-Osterweiterung seit 1990. Während westliche Politiker heute bestreiten, dass der Sowjetunion Zusicherungen über eine Nicht-Erweiterung gegeben wurden, zeigen historische Dokumente ein anderes Bild. Der damalige US-Aussenminister James Baker versicherte seinem sowjetischen Amtskollegen Eduard Schewardnadse, die NATO werde sich „keinen Zoll weiter nach Osten“ bewegen.

Dennoch erweiterte sich die NATO in fünf Wellen: 1999 um Polen, Tschechien und Ungarn, 2004 um sieben weitere osteuropäische Länder, 2009 um Albanien und Kroatien, 2017 um Montenegro und 2020 um Nordmazedonien. Diese Expansion wird von Kritikern als Provokation Russlands interpretiert, die zur heutigen Konfrontation beigetragen hat.

Wirtschaftliche Dimension: Der Rüstungskomplex

Die NATO ist nicht nur ein Militärbündnis, sondern auch ein lukrativer Markt für die Rüstungsindustrie. Die Verpflichtung der Mitgliedsländer, mindestens zwei Prozent des BIP für Verteidigung auszugeben, garantiert einen Mindestmarkt von über 400 Milliarden Dollar jährlich. Interessant ist, dass oft amerikanische Rüstungskonzerne wie Lockheed Martin oder Raytheon von europäischen Rüstungskäufen profitieren.

Die geplante Erhöhung auf fünf Prozent bis 2035 würde diesen Markt mehr als verdoppeln. Allein für Deutschland bedeutete dies Ausgaben von über 200 Milliarden Euro jährlich – eine Summe, die andere gesellschaftliche Investitionen konkurrenziert.

Mediale Darstellung und selektive Wahrnehmung

In der westlichen Berichterstattung wird oft das Bild Wladimir Putins als unberechenbarer Aggressor gezeichnet, wobei jede seiner Handlungen in den Kontext seiner politischen Vergangenheit gestellt wird. Diese analytische Tiefe fehlt jedoch auffallend bei der Bewertung der NATO. Die völkerrechtswidrigen Kriege und gebrochenen Versprechen des Bündnisses scheinen in der tagesaktuellen Debatte kaum eine Rolle zu spielen.

Diese selektive Amnesie ist ein wirkungsvolles Werkzeug der Meinungsbildung. Indem die Vergangenheit der einen Seite permanent hervorgehoben und die der anderen ausgeblendet wird, entsteht ein verzerrtes Bild von Angreifer und Verteidiger.

Perspektive des globalen Südens

Viele Länder des globalen Südens betrachten die NATO nicht als Verteidigungsbündnis, sondern als Werkzeug westlicher Machtpolitik. Sie verweisen darauf, dass militärische Interventionen oft Chaos und Destabilisierung hinterliessen, während die Verantwortlichen straflos blieben.

Die NATO-Erzählung vom „Schutz der Demokratie“ wird in vielen Regionen als neokoloniale Rhetorik wahrgenommen. Der ungleiche Umgang des Internationalen Strafgerichtshofs, der fast ausschliesslich afrikanische Staaten verfolgte, verstärkt den Eindruck westlicher Doppelmoral. Deshalb suchen viele Staaten heute bewusst nach Alternativen zu westlich dominierten Strukturen.

Mögliche Gegenargumente

Fairerweise müssen auch die Argumente der NATO-Befürworter erwähnt werden. Sie verweisen auf:

  • Die Rolle als Stabilitätsanker nach dem Zweiten Weltkrieg
  • Die erfolgreiche Abschreckung während des Kalten Krieges
  • Den Schutz kleinerer europäischer Staaten vor Grossmachtambitionen
  • Humanitäre Interventionen wie den Einsatz gegen Völkermord
  • Die demokratische Kontrolle durch gewählte Regierungen der Mitgliedsländer

Diese Argumente verdienen eine ernsthafte Betrachtung, auch wenn sie die kritischen Punkte nicht entkräften.

Alternative Sicherheitsarchitekturen

Die Frage nach Alternativen zur NATO ist berechtigt. Modelle wie die schweizerische bewaffnete Neutralität zeigen, dass Sicherheit auch ohne Militärbündnisse möglich ist. Eine europäische Sicherheitsarchitektur unter Einschluss Russlands, wie sie einst mit der OSZE angestrebt wurde, könnte stabiler sein als die heutige Blockkonfrontation.

Länder wie Österreich, Irland oder Finnland (vor 2023) demonstrierten jahrzehntelang, dass Neutralität und Wohlstand vereinbar sind. Die Schweiz führt dies seit über 200 Jahren erfolgreich vor.

Fazit: Machtinstrument statt Verteidigungsbündnis

Die Analyse zeigt: Die NATO funktioniert weniger als Verteidigungsbündnis denn als Instrument zur Durchsetzung von Machtinteressen. Dabei geht es um die globale Hegemonie der USA und um erhebliche Profite für die Rüstungsindustrie.

Die Geschichte der NATO-Interventionen zeigt ein Muster gescheiterter Staatsbildung und langfristiger Destabilisierung. Anstatt Frieden zu sichern, war die NATO wiederholt Aggressor. Es ist an der Zeit, die Legenden zu hinterfragen und eine ehrliche Debatte darüber zu führen, ob dieses Bündnis nicht durch eine echte europäische Friedens- und Sicherheitsarchitektur ersetzt werden sollte.

Eine solche Debatte ist besonders für neutrale Länder wie die Schweiz relevant, die ihre Traditionen der Vermittlung und des konstruktiven Dialogs als Alternative zur militärischen Blockkonfrontation einbringen könnten.

Was war die Motivation, diesen Text zu verfassen?

  • Im zweiten Jahr der Corona-Pandemie war ich oft enttäuscht von der einseitigen Berichterstattung unserer Medien. Vor diesem Zeitpunkt habe ich, wenn es die Zeit zuliess, oft „Echo der Zeit” von Radio SRF gehört. Irgendwann habe ich das Radio einfach ausgeschaltet, wenn der Beitrag zum wiederholten Mal das Thema Corona beinhaltete. Das Gleiche geschah dann auch beim Ukraine-Krieg. Dabei hat die Berichterstattung im „Echo der Zeit” noch ein gewisses Niveau. Die Schlagzeilen im Online-Blick waren sowohl während der Pandemie und insbesondere während des Ukraine-Kriegs so spekulativ und falsch. Gemäss dem Blick müsste Putin schon längst an einer Krankheit gestorben sein und das Waffenarsenal müsste schon längst erschöpft sein. Zudem wäre der wirtschaftliche Untergang schon längst Tatsache. Nichts davon ist bisher eingetroffen. Ich frage mich manchmal, ob sich die Journalisten für ihre Fehlleistungen nicht schämen.
  • Ich selbst bin in den sozialen Medien kaum aktiv, doch die Kommentarspalten der Online-Medien überfliege ich regelmässig. Dabei fällt mir immer wieder auf, wie sehr die dort geführten Diskussionen den Einfluss der Berichterstattung widerspiegeln. Bestimmte Artikel ziehen fast ausschliesslich ein homogenes Publikum an, das jede abweichende Meinung sofort abwehrt. Wer es wagt, eine Gegenposition einzunehmen, wird nicht mit Argumenten, sondern mit Etiketten wie „Schwurbler” oder „Putin-Versteher” abgestempelt. So entsteht kein echter Austausch, sondern ein Klima der Abgrenzung. Gerade die Orte, die eigentlich einen offenen Dialog ermöglichen könnten, bestätigen nur die vorherrschende Meinung. Dieses Verhalten ist keine Zufallserscheinung, sondern eine Folge der Art und Weise, wie viele Medien ihre Themen aufbereiten und welche Wertungen sie bereits in der Darstellung mitliefern.
  • Was ich als schlechte Tugend unserer Medien erachte, ist das Framing. Damit kommt oft schon eine Wertung daher, die möglicherweise völlig falsch ist.

Anhand dreier Beispiele soll im Folgenden die Dysfunktion der Medien aufgezeigt werden. Während der Corona-Pandemie fungierten sie als Erfüllungsgehilfen der Politiker:innen, im Ukraine-Krieg dominierte eine westlich gefärbte Sichtweise und der US-Wahlkampf 2024 war geprägt von Wunschdenken statt Realität. Es sei darauf hingewiesen, dass die vorliegende Meinung zu den betreffenden Themen von sekundärer Relevanz ist. Fest steht jedoch, dass die Berichterstattung nicht mehr als ausgewogen zu bezeichnen ist. In der vorliegenden Abhandlung sollen die Ursachen für den signifikanten Niedergang des Journalismus nur am Rande erörtert werden.

Vom Reporter zum Meinungsmacher

Natürlich verklärt die Erinnerung manches, doch der Journalismus hat sich in den letzten Jahrzehnten spürbar verändert. Früher war es selbstverständlich, dass Reporter vor Ort recherchierten, sich mit Menschen trafen und sich ein eigenes Bild machten. Heute entsteht vieles aus dem Büro heraus – gespeist von Agenturmeldungen, Social Media und Pressestatements. Auch die klare Trennung von Nachricht und Kommentar, die einst ein Grundpfeiler journalistischer Arbeit war, verschwimmt zunehmend: Wertungen und Haltungen mischen sich in die Darstellung von Fakten. Statt nüchterner Information dominiert Meinungsmache, die den Lesern oft vorgibt, was sie zu denken haben. Hinzu kommt der ökonomische Druck, Reichweite und Klickzahlen in den Vordergrund zu stellen. Das führt zu Zuspitzung und Emotionalisierung sowie zur Jagd nach Empörung, da sich diese besser verkauft als nüchterne Analyse. Dadurch hat die Vielfalt an Perspektiven abgenommen – nicht nur, weil viele Verlage fusionierten, sondern auch, weil sich Journalisten gegenseitig stark aneinander orientieren und so ähnliche Sichtweisen verbreiten. Schnelligkeit ersetzt Gründlichkeit: Meldungen müssen sofort online sein, auch wenn Hintergrund und Kontext fehlen. Dabei werden Themen stärker auf Personen zugespitzt, anstatt komplexe Zusammenhänge differenziert darzustellen. Durch Social Media hat sich dieser Trend noch verstärkt: Journalisten reagieren auf Shitstorms und übernehmen Impulse aus Trends, anstatt eigenständig Themen zu setzen. All dies hat das Vertrauen in die Medien erodieren lassen, da die Leserschaft die Medien weniger als unabhängige Beobachter, sondern vielmehr als Akteure mit einer Agenda wahrnimmt. Früher konnten Redaktionen noch stärker bestimmen, was als wichtig galt – heute sind sie von Algorithmen und Stimmungen im Netz getrieben. Der Journalismus ist dadurch schneller, lauter und meinungsfreudiger geworden, aber auch oberflächlicher, homogener und weniger verlässlich.

Framing – Wie Worte Wirklichkeit schaffen

Framing gehört zu den subtilsten, aber auch gefährlichsten Methoden moderner Medien. Gemeint ist die bewusste Rahmung von Ereignissen oder Personen durch bestimmte Begriffe, die beim Publikum sofort bestimmte Emotionen oder Wertungen hervorrufen. Die Kommunikationswissenschaft hat diesen Effekt vielfach untersucht und dabei festgestellt, dass die Wortwahl den Blickwinkel der Rezipienten prägt, ohne dass ihnen dies immer bewusst ist. Gerade deshalb halte ich Framing für hochproblematisch. Ein Beispiel ist der Begriff „prorussische Separatisten“. Er wird fast ausschliesslich so verwendet, obwohl es sich dabei um Ukrainer handelt, die andere politische Vorstellungen haben. Durch das Framing werden sie sprachlich aus ihrer nationalen Identität herausgelöst. Ähnlich verhält es sich bei Giorgia Meloni. Über einen längeren Zeitraum hinweg wurde sie in vielen Medien fast automatisch als „postfaschistisch“ bezeichnet. Dadurch wurde jede politische Diskussion von vornherein durch einen historischen Makel belastet. Im Fall des Krieges in der Ukraine ist der Ausdruck „brutaler Angriffskrieg” ein weiteres Beispiel. Natürlich handelt es sich um einen Krieg mit grossen Opfern, doch der Begriff „brutal” setzt eine Bewertung voraus, die eher an den Vietnamkrieg oder ähnliche Massaker erinnert. Hier wird durch Sprache Emotionalität erzeugt, die eine sachliche Analyse erschwert. Interessant ist, dass bei Bundeskanzler Merz ein gegenteiliges Muster zu beobachten ist: Obwohl er mit seiner Schuldenbremse falsche Versprechen gemacht hat, würde man ihn kaum als „Lügenkanzler“ bezeichnen. Doch diese Form des Framings wird von den Medien kaum aufgegriffen. Das zeigt, dass Framing selektiv angewendet wird – je nachdem, ob es in die gewünschte Erzählung passt. Die Gefahr besteht darin, dass Bürger ihre Meinungen nicht auf Basis von Fakten, sondern auf Grundlage manipulierter Rahmungen bilden. Wer permanent mit solchen Begriffen konfrontiert wird, nimmt die Realität in einem vorgefertigten Raster wahr. Framing ersetzt somit die offene Debatte durch eine lenkende Sprache, die die Grenzen des Denkbaren vorgibt.

Zensur oder Schutz? Wenn Politik Informationen sperrt

Zensur ist ein heikles Thema in jeder Demokratie, denn sie greift unmittelbar in die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger ein. Wenn ehemalige Bundesinnenministerin Nancy Faeser die Zeitschrift Compact verbietet oder in der Europäischen Union gleich mehrere russische Fernsehsender wie RT und Sputnik untersagt werden, dann zeigt sich, wie sehr die Politik versucht, Informationsflüsse zu kontrollieren. Befürworter solcher Massnahmen argumentieren mit dem Schutz vor Desinformation und Propaganda. Doch diese Haltung verkennt, dass mündige Bürger selbst entscheiden sollten, welche Informationen sie konsumieren und welchen Quellen sie Glauben schenken. Die politische Macht, den Zugang zu bestimmten Medien zu sperren, öffnet einer gefährlichen Praxis Tür und Tor. Wer einmal damit anfängt, Inhalte zu verbieten, wird schnell weitere Begründungen finden, warum die eine oder andere Meinung angeblich nicht mehr tragbar ist. Viel wichtiger wäre es, gerade junge Menschen zu befähigen, zwischen wahren und unwahren Informationen zu unterscheiden. Kritisches Denken, Quellenbewertung und der Vergleich unterschiedlicher Perspektiven sind die eigentlichen Schlüsselkompetenzen der Gegenwart. Eine Meinung gewinnt an Substanz, wenn man sie auch an extremen oder gegenteiligen Positionen misst. Oft liegt die Wahrheit nicht am äussersten Ende des Spektrums, sondern irgendwo dazwischen. Sich mit anderen Sichtweisen auseinanderzusetzen ist zwar anstrengend, schützt aber davor, einseitigen Deutungen zu verfallen. Verbote hingegen fördern Misstrauen und treiben problematische Inhalte in schwer kontrollierbare Parallelstrukturen. Zensur schwächt somit nicht nur die Informationsfreiheit, sondern auch das Vertrauen in den demokratischen Diskurs. Eine offene Gesellschaft sollte extreme, unbequeme und sogar falsche Meinungen aushalten können, sofern die Bürger lernen, sich selbst ein Urteil zu bilden.

Die Lügen- und Lückenpresse

Wenn von der „Lügenpresse“ die Rede ist, denken viele an falsche Berichte oder manipulierte Fakten. Doch mindestens ebenso problematisch ist die „Lückenpresse“. Denn die öffentliche Meinung wird nicht nur durch das geprägt, was berichtet wird, sondern auch durch das, was verschwiegen oder an den Rand gedrängt wird. Wenn Medienschaffende bestimmte Themen stark hervorheben und andere nahezu vollständig ignorieren, entsteht ein verzerrtes Bild der Realität. Gerade die Auswahl der Themen bestimmt, was als wichtig wahrgenommen wird und worüber die Gesellschaft diskutiert. Während über einige Konflikte täglich in allen Kanälen berichtet wird, verschwinden andere Krisen fast vollständig aus der öffentlichen Wahrnehmung. Auch innerhalb einzelner Debatten werden unliebsame Argumente oft ausgespart oder in Nebensätzen abgehandelt. So wurde in der Corona-Pandemie die Kritik an Massnahmen meist marginalisiert, im Ukraine-Krieg eine differenzierte Sichtweise weitgehend ausgeschlossen und im US-Wahlkampf 2024 wurde Kamala Harris von den Medien gezielt hochgeschrieben.

Die Lückenpresse wird besonders deutlich im Übergang von der Pandemie zum Ukraine-Krieg. Kaum war das Virus aus den Schlagzeilen verschwunden, bestimmten Panzer, Raketen und Sanktionen die mediale Agenda. Die ständige Fokussierung auf den neuen Konflikt verhinderte eine ernsthafte Reflexion der Medien über ihre eigene Rolle während der Pandemie. Fragen nach der Evidenz vieler Massnahmen, nach der Ausgrenzung von Kritikern oder nach den massiven gesellschaftlichen Folgen wurden nicht mehr gestellt. Ein grosses Thema löste das andere ab, sodass der dringend notwendigen Aufarbeitung elegant ausgewichen werden konnte. Genau hier zeigt sich die Mechanik der Lückenpresse. Was nicht mehr berichtet wird, verschwindet aus dem kollektiven Gedächtnis. Die Bürgerinnen und Bürger gewinnen dadurch den Eindruck, dass die Debatte abgeschlossen sei, obwohl sie nie geführt wurde.

Die Lückenpresse wirkt dabei zwar subtiler als offensichtliche Falschmeldungen, ist aber nicht weniger gefährlich. Denn wer Themen bewusst ausklammert, steuert das Meinungsklima ebenso wirksam wie durch offene Parteinahme. In der Folge verschiebt sich der öffentliche Diskurs: Manche Fragen gelten als gesetzt, während andere gar nicht erst gestellt werden dürfen. Für die Leserinnen und Leser entsteht dadurch ein unausgewogenes Bild, das weniger von Faktenvielfalt als von selektiver Wahrnehmung geprägt ist. Trump sprach in diesem Zusammenhang oft von „Fake News“ – und auch wenn seine Wortwahl überzogen war, so liegt in dieser Kritik ein Kern der Wahrheit. Medien verlieren nicht nur durch falsche Informationen, sondern auch durch ihre selektive Themenwahl an Glaubwürdigkeit. Deshalb ist es entscheidend, dass Journalismus wieder seiner eigentlichen Aufgabe nachkommt und die Wirklichkeit möglichst umfassend darstellt, statt sie durch Lücken und Einseitigkeit zu verengen.

Wahlkampf 2024 – Trump vs. Harris

Im Wahlkampf 2024 wurde besonders deutlich, wie stark die Medien Stimmungen prägen können. Kamala Harris galt lange als unauffällige und profillose Vizepräsidentin, die weder durch eigene Ideen noch durch besondere Beliebtheit aufgefallen war. In vielen Kommentaren wurde sie als enttäuschend, unpopulär und geradezu als Problemfall innerhalb der Demokraten beschrieben. Noch wenige Monate vor dem entscheidenden Moment schien ihre politische Karriere beendet. Doch mit dem Rückzug von Joe Biden änderte sich die Berichterstattung grundlegend. Aus der unscheinbaren Harris wurde plötzlich eine Hoffnungsträgerin, die von vielen Journalisten beinahe hymnisch gefeiert wurde. Dieselben Medien, die sie zuvor als schwach dargestellt hatten, sprachen nun von Dynamik, Charisma und Führungsstärke. Harris wurde innerhalb kürzester Zeit hochgelobt, als wäre sie die einzige Rettung gegen Donald Trump. Diese Kehrtwende wirkte jedoch weniger wie eine echte Neubewertung, sondern vielmehr wie ein Reflex der Branche, sich schnell einer neuen Erzählung anzuschliessen. Wahlprognosen, die ihr deutliche Vorteile zuschrieben, wirkten dabei mehr von Wunschdenken getragen als von nüchterner Analyse. Die Gleichförmigkeit der Kommentare machte deutlich, wie stark Journalisten einander folgen und wie wenig Widerspruch sie zulassen. Harris verwandelte sich über Nacht von einer politischen Randfigur zu einer Art Prinzessin, weil es die mediale Dramaturgie verlangte. Ob sie tatsächlich über die politische Substanz verfügte, die man ihr plötzlich zuschrieb, blieb dabei weitgehend ungeprüft. Für viele Beobachter war dies ein Beispiel dafür, wie Medien Realitäten konstruieren können, die nicht unbedingt der Wirklichkeit entsprechen.

Corona und die Medien: Von Kritikern zu Schwurblern

In der Corona-Pandemie haben nicht nur Politiker, sondern auch die Medien erhebliche Fehlleistungen gezeigt. Anstatt ihre klassische Rolle als kritische Beobachter und Kontrollinstanz einzunehmen, wirkten sie oft wie ein verlängerter Arm der Politik. Wer Zweifel an den Massnahmen äusserte, wurde nicht als Teil einer demokratischen Debatte wahrgenommen, sondern sofort in eine Ecke gestellt. Begriffe wie „Schwurbler” oder „Covidiot” wurden inflationär verwendet, um Kritik zu diskreditieren. Dadurch wurde eine Polarisierung erzeugt, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt nachhaltig beschädigte. Aus heutiger Sicht zeigt sich zudem, dass viele Massnahmen nicht evidenzbasiert, sondern eher aus politischem Aktionismus heraus ergriffen wurden. Ein Beispiel ist der Appell „Retten Sie Leben, bleiben Sie bitte zu Hause!”. Solche Parolen vernachlässigten die Lebensrealität von Menschen, die auf engem Raum ohne Rückzugsmöglichkeiten ausharren mussten, völlig. Wer, wie die Mitglieder des Bundesrates, in grosszügigen Wohnungen mit Garten lebt, hat kaum ein Gefühl dafür, wie belastend die Situation für eine Familie in einer kleinen Wohnung sein konnte. Hinzu kam, dass das Wetter im Frühling 2020 besonders schön war, wodurch sich der Widerspruch zwischen staatlicher Anweisung und menschlichen Bedürfnissen noch verstärkte. Anstatt eine offene Diskussion über Sinn und Unsinn einzelner Massnahmen zu führen, machten die Medien regelrecht Jagd auf Kritiker. Massnahmen wie Maskenpflicht, Lockdowns oder Impfdruck hätten in einer pluralistischen Gesellschaft unterschiedlich bewertet werden dürfen. Doch wer Gegenargumente vorbrachte, galt schnell als unsolidarisch oder sogar gefährlich. Damit haben die Medien ihre Glaubwürdigkeit als Forum für eine ausgewogene Debatte verloren. Bis heute fehlt eine umfassende Aufarbeitung der Frage, wie es zu dieser engen Nähe zwischen Politik und Medien kam. Die damaligen Entscheidungen wurden nicht kritisch durchleuchtet und der Tonfall der Berichterstattung wurde nicht hinterfragt. Die Folge ist ein massiver Vertrauensverlust in die Medienlandschaft. Viele Menschen haben das Gefühl, dass nicht mehr alle Stimmen gehört werden dürfen. Diese Erfahrung wird lange nachwirken, da sie das Verhältnis zwischen Bürgern, Politik und Medien nachhaltig beschädigt hat. Eine offene Gesellschaft muss Kritik aushalten – auch in Krisenzeiten. Gerade dann ist es Aufgabe der Medien, Vielfalt abzubilden und nicht Konformität zu erzwingen.

Der Ukraine-Krieg und die Einseitigkeit der Berichterstattung

Die Berichterstattung über den Ukraine-Krieg in den deutschsprachigen Medien ist nahezu ausschliesslich aus westlicher Perspektive geprägt. Eine offene Diskussion über die Ursachen oder die Schuldfrage findet kaum statt. Wer darauf hinweist, dass Russland eigene sicherheitspolitische Interessen verfolgt, wird schnell als „Putin-Versteher“ bezeichnet. Damit wird ein wichtiger Teil der Debatte im Keim erstickt. Anstatt unterschiedliche Sichtweisen abzubilden, übernehmen die Medien meist unhinterfragt die offizielle politische Linie der NATO-Staaten. So wird der Krieg vor allem als imperialistischer Angriff Putins dargestellt, verbunden mit der These, er wolle ein russisches Grossreich wiedererrichten. Dass Russland jedoch auch eigene Begründungen anführt, beispielsweise den Schutz der russischsprachigen Bevölkerung in der Ostukraine oder die Ablehnung einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine, wird kaum erwähnt oder sofort als Propaganda abgetan. Die Möglichkeit, dass es sich um einen Stellvertreterkrieg zwischen Russland und den USA handeln könnte, wird von vornherein ausgeschlossen. Dadurch wird der Konflikt stark vereinfacht und auf eine moralische Schwarz-Weiss-Logik reduziert. Gerade in einem so komplexen geopolitischen Kontext wäre es jedoch Aufgabe der Medien, alle Argumente auf den Tisch zu legen. Nur so könnten sich Bürger eine fundierte Meinung bilden. Stattdessen wird jede differenzierende Perspektive als gefährlich oder unsolidarisch dargestellt. Kritische Stimmen, die vor einer Eskalation warnen oder Verhandlungen fordern, kommen nur am Rande vor. So verengen die Medien den Diskurs und tragen dazu bei, dass die Gesellschaft gespalten wird. Ein verantwortungsvoller Journalismus müsste die verschiedenen Narrative nebeneinanderstellen und deren Plausibilität prüfen. Doch das geschieht nicht. Am Ende bleibt der Eindruck, dass die Öffentlichkeit nicht umfassend informiert, sondern einseitig auf Linie gebracht wird.

Fazit

In einer Demokratie kommt den Medien die Rolle der vierten Gewalt zu. Doch dieser Aufgabe werden sie immer weniger gerecht. Anstatt die Politik kritisch zu hinterfragen, übernehmen sie häufig deren Narrative und geben sie ungefiltert weiter. Während der Corona-Pandemie standen viele Redaktionen den Regierungen näher als den Bürgern und stempelten Kritiker schnell als „Schwurbler“ ab. Auch im Ukraine-Krieg ist die Berichterstattung fast ausschliesslich westlich geprägt und lässt kaum differenzierte Sichtweisen zu. Im US-Wahlkampf 2024 konnte man beobachten, wie Kamala Harris innerhalb kürzester Zeit von einer unauffälligen Vizepräsidentin zur medialen Hoffnungsträgerin hochgeschrieben wurde. Hinzu kommt die Praxis des Framings, die durch geschickte Wortwahl Meinungen lenkt und komplexe Sachverhalte in einfache Schwarz-Weiss-Muster presst. Ebenso problematisch ist die Lückenpresse. Denn nicht nur das, was berichtet wird, prägt den öffentlichen Diskurs, sondern auch das, was bewusst ausgelassen wird. So löste der Ukraine-Krieg das Thema Pandemie nahtlos ab – eine kritische Aufarbeitung der damaligen Fehler fand kaum statt.

Für das Publikum bedeutet dies, dass es sich zunehmend aus homogenen Informationsquellen bedienen muss. Viele Menschen sind weder bereit noch in der Lage, sich aus unterschiedlichen Perspektiven zu informieren. Selbst wer es versucht, stösst schnell an Grenzen, da ein medialer Einheitsbrei dominiert und abweichende Stimmen selten zu hören sind. Damit verlieren Medien das, was sie eigentlich auszeichnen sollte: Vielfalt, Unabhängigkeit und kritische Distanz. Das Vertrauen schwindet, weil Bürger zunehmend das Gefühl haben, nicht die volle Wahrheit zu erfahren.

Ein demokratisches Gemeinwesen ist jedoch auf Medien angewiesen, die Missstände aufdecken, Macht kontrollieren und verschiedene Sichtweisen sichtbar machen. Die Rückkehr zu dieser Kernaufgabe ist dringend notwendig. Andernfalls drohen die Medien, endgültig vom Korrektiv der Politik zum Verstärker von Machtinteressen zu werden.

In Europa wird derzeit von den Medien und den Regierenden viel Angst vor Russland geschürt. Angst war schon immer ein Herrschaftsmittel, um Menschen in Schach zu halten. Auch in der Schweiz haben die politischen Eliten beschlossen, die Rüstungsausgaben zu erhöhen. Die Mehrausgaben müssen von der steuerzahlenden Bevölkerung getragen werden. Da trifft es sich gut, dass sich eine Wirtschaftszeitung in mehreren Artikeln mit dem Thema Wachstum durch Rüstung auseinandersetzt. Im Handelsblatt vom 21./22./23. Februar 2025 werden Studien zitiert, nach denen das Bruttoinlandsprodukt durch Rüstungsinvestitionen gesteigert werden kann. Fragt sich nur, ob in dieser Welt nicht andere Investitionen viel wichtiger wären.

Die Aussagen dieser Handelsblatt-Artikel

Die Beiträge im Handelsblatt zeigen, dass höhere Verteidigungsausgaben nicht nur sicherheitspolitisch sinnvoll, sondern auch volkswirtschaftlich vorteilhaft sein können. Studien wie die von EY im Auftrag der Dekabank zeigen, dass eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben das BIP-Wachstum um rund 0,66 Prozentpunkte steigern könnte. Gleichzeitig wird prognostiziert, dass durch entsprechende Investitionen hunderttausende neue Arbeitsplätze entstehen könnten, die kurzfristig positive wirtschaftliche Impulse setzen. Der Ökonom Ethan Ilzetzki geht sogar so weit zu behaupten, dass das BIP der EU um bis zu 1,5 Prozentpunkte steigen könnte, wenn die Militärausgaben deutlich erhöht würden. Darüber hinaus wird betont, dass militärische Investitionen als strategischer industrieller Hebel wirken können, indem sie die heimische Wertschöpfung stärken. Gleichzeitig wird aber auch auf Kapazitätsengpässe in der europäischen Rüstungsindustrie hingewiesen, die eine kurzfristige Deckung der steigenden Nachfrage erschweren. Darüber hinaus werden verschiedene Finanzierungsmodelle – wie Sonderfonds oder kreditfinanzierte Massnahmen – diskutiert, um zusätzliche Verteidigungsausgaben zu ermöglichen. Ein weiterer Aspekt ist die Möglichkeit, durch gezielte Rüstungsinvestitionen Kapazitäten aus schrumpfenden Branchen wie der Automobilindustrie sinnvoll umzuverteilen.

Auch eine Sturmflut kann das BIP wachsen lassen

Staatsausgaben können das BIP erhöhen, aber das Beispiel einer Umweltkatastrophe zeigt, wie trügerisch dieser Effekt sein kann. Angenommen, eine Sturmflut verwüstet Küstenregionen in Europa, und der Klimawandel könnte die Situation noch verschlimmern, da der Anstieg des Meeresspiegels und extremere Wetterbedingungen die Zerstörung verstärken. Die Regierung investiert Milliarden in den Wiederaufbau, die Verstärkung von Deichen und Entschädigungen – das BIP steigt, weil Bauunternehmen boomen, Arbeitsplätze entstehen und die Materialproduktion angekurbelt wird. Ähnlich wie bei den Verteidigungsausgaben, die laut Studien das BIP um bis zu 1,5 Prozentpunkte steigern können, fliesst das Geld in die Wirtschaft und gibt kurzfristige Impulse. Diese „dummen“ Ausgaben beheben aber nicht die Ursache – im Falle der Katastrophe den Klimawandel, der solche Ereignisse verschärft – und binden Ressourcen, die präventiv in nachhaltige Lösungen wie erneuerbare Energien hätten investiert werden können. Ebenso fragwürdig ist es, wenn Rüstungsinvestitionen als Wirtschaftsmotor gefeiert werden: Sie schaffen zwar Arbeitsplätze und stützen die heimische Industrie, tragen aber langfristig wenig zur Lebensqualität oder globalen Stabilität bei. BIP-Wachstum wird so zum Selbstzweck, während die eigentlichen Herausforderungen ungelöst bleiben. Dies legt nahe, dass nicht jede Ausgabe, die das BIP in die Höhe treibt, auch sinnvoll ist – weder militärische Aufrüstung noch die Reparatur von Klimaschäden, die durch mangelnden Klimaschutz noch verschärft werden.

Wie der Klimaschutz in den Hintergrund gedrängt wurde

Vor 2020 war Klimaschutz ein zentrales Thema der globalen und nationalen Politik, mit Bewegungen wie Fridays for Future und internationalen Abkommen wie dem Pariser Klimaabkommen. Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie im Jahr 2020 und dem Beginn des Krieges in der Ukraine im Jahr 2022 haben sich die politischen Prioritäten in vielen Ländern jedoch deutlich verschoben. Die Pandemie lenkte den Fokus auf Gesundheitskrisen und wirtschaftliche Erholung, während der Krieg in der Ukraine Energieversorgung, Sicherheit und geopolitische Stabilität in den Vordergrund rückte – insbesondere in Europa, wo die Abhängigkeit von russischem Gas die Energiedebatte dominierte.

Das bedeutet nicht, dass der Klimaschutz völlig von der Agenda verschwunden ist, aber er konkurriert nun stärker mit diesen akuten Krisen um Aufmerksamkeit und Ressourcen. In vielen Ländern wurden Klimamassnahmen verzögert oder abgeschwächt, weil kurzfristige Lösungen für Energiepreise oder wirtschaftliche Stabilität dringlicher erschienen. Gleichzeitig gibt es aber auch Stimmen, die sagen, dass gerade diese Krisen – wie die Energiekrise – den Übergang zu erneuerbaren Energien beschleunigen könnten, wenn die Politik es richtig anstellt.

Deutsche Grüne Partei von Pazifismus zur Kriegstreiberin

Als Schweizer habe ich früher oft die Grüne Partei bzw. deren Anliegen gewählt bzw. gestimmt. Als die deutsche Schwesterpartei Teil der deutschen Ampelregierung 2021-2025 wurde, stellte sich bei mir eine gewisse Ernüchterung bezüglich der grünen Ideale ein.

Von Pazifismus zur Kriegstreiberin

Die Grünen in Deutschland haben ihre Wurzeln im Pazifismus – eine Haltung, die in den 1980er Jahren durch die Friedensbewegung und den Widerstand gegen die atomare Aufrüstung stark geprägt wurde. Der Krieg in der Ukraine hat jedoch einen deutlichen Wandel eingeleitet. Seit der russischen Aggression 2022 gehören die Grünen zu den lautesten Befürwortern von Waffenlieferungen an die Ukraine, darunter auch schwere Waffensysteme wie Leopard-Panzer. Dies markiert eine Abkehr vom traditionellen, bedingungslosen Pazifismus hin zu einer Position, die militärische Unterstützung als notwendig erachtet, um Freiheit und Menschenrechte zu verteidigen. Prominente wie Annalena Baerbock und Robert Habeck argumentieren, dies sei kein Widerspruch zu grünen Werten, sondern eine pragmatische Antwort auf eine existenzielle Bedrohung. Kritiker innerhalb und ausserhalb der Partei sehen darin jedoch einen Verrat an den ursprünglichen Idealen.

Widersprüchliche Klimapolitik der Grünen

In der öffentlichen Wahrnehmung und in der politischen Praxis hat die Bedeutung der Klimapolitik seit der Regierungsbeteiligung der Grünen in der Ampelregierung 2021-2025 zwar abgenommen. Der Krieg in der Ukraine hat die Energiepolitik auf den Kopf gestellt und die Abhängigkeit von russischem Pipelinegas musste schnell reduziert werden. Die Grünen unterstützten daher den Import von LNG (Flüssiggas) aus Ländern wie den USA oder Katar, zum Beispiel durch den Bau von LNG-Terminals. Dies ist ein heikler Punkt, denn LNG hat eine schlechtere Klimabilanz als Pipelinegas: Die Förderung (oft durch Fracking), die energieintensive Verflüssigung und der Transport über weite Strecken treiben die CO2-Emissionen in die Höhe. Studien zeigen, dass LNG je nach Herkunft und Verfahren bis zu 50 Prozent mehr Treibhausgase verursacht als konventionelles Erdgas. Für die Grünen war die Umstellung zugleich eine Notlösung, um Energieengpässe zu vermeiden und die Abhängigkeit von Russland zu beenden – ein Ziel, das sie auch als Beitrag zur europäischen Sicherheit und damit indirekt zum Klimaschutz begründeten.

Die europäische Hysterie gegenüber Russland

Der Krieg in der Ukraine hat in Europa eine Welle der Angst und der militärischen Aufrüstung ausgelöst, aber diese Hysterie gegenüber Russland muss kritisch hinterfragt werden. Früher oder später wird dieser Konflikt beendet werden, sei es durch Verhandlungen oder weil die USA als Hauptakteur der Ukraine bzw. Europa und Russland den Frieden aufzwingen können. Danach wird sich das Verhältnis zwischen Russland und Europa zwangsläufig normalisieren müssen, da die wirtschaftlichen und geopolitischen Realitäten eine dauerhafte Feindschaft unwahrscheinlich machen. Eine massive Aufrüstung erscheint daher überzogen, zumal die europäischen NATO-Staaten bereits heute etwa dreimal so viel in Rüstung investieren wie Russland – eine Diskrepanz, die Fragen nach der Verhältnismässigkeit aufwirft. Statt Unsummen in Waffen zu stecken, die nach einem Krieg an Relevanz verlieren könnten, sollte Europa seine Ressourcen in den Klimaschutz lenken.

Die Wahrscheinlichkeit eines russischen Eroberungszuges

Einige Politiker und Mainstream-Medien einiger NATO- und EU-Staaten rechtfertigen ihre überzogenen Rüstungspläne mit den Ambitionen Putins, der angeblich das russische Imperium wiederherstellen wolle. Diese absurden Behauptungen lassen sich leicht widerlegen. Eine militärische Eroberung von NATO-Staaten wie Polen oder den baltischen Staaten würde enorme Kosten verursachen und auf massiven Widerstand in der Bevölkerung stossen. Selbst in der Ukraine zeigt sich, dass eine langfristige Kontrolle ohne die Zustimmung der Bevölkerung kaum möglich ist. Zudem würde ein Angriff auf ein NATO-Land den Bündnisfall auslösen und Russland in einen aussichtslosen Konflikt mit dem Westen stürzen. Auffällig ist, dass die Debatte oft emotional geführt wird und selten die langfristigen Folgen oder die Rationalität der russischen Strategie beleuchtet.

Ineffizient und Angst vor seien Nachbarn

Die Militärausgaben Russlands betrugen rund 110 Milliarden US-Dollar, die der europäischen NATO-Mitglieder zusammen rund 380 Milliarden. Trotzdem wird in Europa weiter aufgerüstet, wofür es mehrere Gründe gibt. Erstens hat der Ukraine-Krieg die Bedrohung durch Russland greifbar gemacht, auch wenn die russische Militärmacht durch Verluste und Sanktionen geschwächt ist. Viele Staaten, vor allem in Osteuropa wie Polen oder die baltischen Staaten, sehen in Russland eine existenzielle Bedrohung und wollen abschreckungsfähig bleiben – unabhängig von der zahlenmässigen Stärke. Zweitens drängen die USA ihre NATO-Partner seit Jahren, das Ziel von 2 Prozent des BIP für Verteidigung zu erreichen, was den Druck erhöht, auch wenn die Gesamtausgaben bereits höher sind. Drittens besteht die Sorge, dass die militärischen Fähigkeiten Europas trotz hoher Ausgaben nicht optimal genutzt werden, weil sie fragmentiert sind.

Angst vor seien Nachbarn

Warum arbeiten die ängstlichen europäischen Staaten nicht besser zusammen? Das ist der Knackpunkt, und hier spielt die Geschichte eine riesige Rolle. Europa ist ein Flickenteppich aus Nationen mit tief verwurzelten Konflikten – zwei Weltkriege, der Kalte Krieg und regionale Rivalitäten haben Misstrauen hinterlassen. Länder wie Frankreich und Deutschland mögen heute eng kooperieren, aber andere, wie Ungarn oder Polen, verfolgen oft eigene Interessen oder trauen supranationalen Strukturen nicht vollends. Die NATO ist zwar ein starkes Bündnis, aber innerhalb Europas gibt es keine einheitliche Armee oder Rüstungspolitik – jeder Staat will Souveränität wahren, auch aus Angst, wieder von einem Nachbarn überrannt zu werden.

Fazit

Was ich hier schreibe, ist keine Meinungsmache, sondern die logische Konsequenz rationalen Denkens. Die meisten westlichen Politiker glauben an den menschengemachten Klimawandel. Die Wissenschaft liefert entsprechende Prognosen. Um die schlimmsten Szenarien zu vermeiden, sind Massnahmen erforderlich, die nicht weiter in die Zukunft verschoben werden können. Leider ist die Politik von Kurzfristigkeit getrieben, was sich in der Klimapolitik am deutlichsten zeigt. Sobald das Wirtschaftswachstum ausbleibt, werden die klimapolitischen Ziele plötzlich aufgeweicht. Betrachtet man den klimapolitischen Ehrgeiz der Politiker, könnte man fast meinen, die meisten Politiker hätten sich auf die Seite der Klimaskeptiker geschlagen. Die Herstellung und der Einsatz von Waffen sind sehr klimaschädlich. Auch ohne Kriege sind die Armeen dieser Welt umweltschädlich. Sie verbrauchen grosse Mengen fossiler Brennstoffe und schädigen das Ökosystem, indem sie Böden und Gewässer verseuchen. Die Auswirkungen militärischer Aktivitäten auf die Umwelt werden unterschätzt und von der Politik ignoriert. Einige grüne Politiker sind zu wahren Kriegstreibern geworden und haben die Klimapolitik verraten. Statt Unsummen in Waffen zu investieren, sollte Europa die dringende Chance nutzen, den Klimaschutz voranzutreiben und damit langfristig Stabilität und Wohlstand zu sichern. Die Klimakrise wartet nicht auf geopolitische Entspannung und ihre Bewältigung wäre ein nachhaltiger Beitrag zu Stabilität und Wohlstand – weit über den Horizont des Ukraine-Krieges hinaus. Die Fixierung auf Russland als permanente Bedrohung verstellt den Blick auf die eigentliche Herausforderung unserer Zeit.

Gegen Ende des Jahres 2024 brachte Elon Musk das Thema Kampfflugzeuge mit der Aussage «Nur Idioten bauen das bemannte Kampfflugzeug F-35» auf die Agenda. Dieser Aussage kann ich mich nur anschliessen. Ich verstehe es nicht oder versuche es zu verstehen. Warum beschafft die Schweizer Armee 36 dieser F-35 für über CHF 6 Milliarden? Das Schweizer Volk hat im September 2020 der Beschaffung von Kampfflugzeugen zugestimmt. Es muss also auch in der Bevölkerung eine gewisse Begeisterung für Kampfflugzeuge vorhanden sein, bzw. dass die Armee Kampfflugzeuge braucht, um ihren Auftrag zu erfüllen.

Eine Diskussion über die Qualitäten der F-35 wird in diesem Beitrag nicht geführt. Letztlich stelle ich alle bemannten Kampfflugzeuge infrage. Ich bin davon überzeugt, dass es bereits in einem halben Jahrzehnt überlegene autonome Flugtechnologien geben wird.

Kampfjet begeisterte Politiker, Armeeführung und Bevölkerung

Ich habe die Begeisterung der Menschen für Kampfflugzeuge nie verstanden. Wer zum Beispiel im Sommer oder Herbst bei schönem Wetter in der Schweiz wandert, wird oft durch den ohrenbetäubenden Lärm in den Schweizer Alpen gestört. Schwer erträglich ist auch der Lärm gewisser Trainingsflugzeuge von Pilatus Aircraft. Fliegerstaffeln, Flugvorführungen, ein Kinofilm wie Top Gun vermitteln offensichtlich ein positives Bild von Kampfflugzeugen.

Top Gun ein Werbefilm für die Kampfflugzeug Industrie

Wahrscheinlich sind es Filme wie Top Gun, die zu einer positiven Einstellung gegenüber diesem Kampfflugzeug führen. Hauptdarsteller wie Maverick inspirieren die Menschen, sich für Kampfflugzeuge und die Luftfahrt zu interessieren. Sie bieten eine Mischung aus Action, Technik, Emotion und beeindruckender Inszenierung, die das Publikum fasziniert und manchmal sogar zu einer Karriere in der Luftfahrt motiviert.

Flugszenen in Top Gun mehrheitlich fiktional

Die Flugszenen in Top Gun sind beeindruckend, aber stark fiktionalisiert und weichen in vielen Punkten von der Realität moderner Luftkämpfe ab. In der heutigen Luftkriegsführung dominieren Technologien wie BVR (Beyond Visual Range), bei denen Flugzeuge Ziele aus grosser Entfernung mit Radar und Raketen bekämpfen, sodass der im Film häufig gezeigte Sichtkontakt kaum vorkommt. Auch die extremen Flugmanöver, die die Piloten in Top Gun ausführen, sind in der Regel übertrieben, da sie eine körperliche Belastung darstellen würden, die viele Piloten an ihre Grenzen bringen oder bewusstlos machen würde. Dramatische Verfolgungsjagden und enge Formationsflüge, wie sie im Film dargestellt werden, sind in der Realität taktisch riskant und daher selten. Auch die Darstellung der Stealth-Technologie als nahezu unsichtbar ist übertrieben, da moderne Radarsysteme diese Eigenschaften teilweise kompensieren können. Während im Film Raketen oft aus kurzer Distanz abgefeuert werden, sind in der Realität moderne Raketenreichweiten von mehreren Dutzend Kilometern möglich, was Luftkämpfe weniger spektakulär, aber strategisch anspruchsvoller macht. Insgesamt setzt der Film auf visuelle Dramatik und Spannung statt auf technische und taktische Präzision, was ihn zwar unterhaltsam, aber wenig repräsentativ für die Realität des modernen Luftkriegs macht. Tatsächlich vermittelt Top Gun eine Art „Luftkampfromantik“, die an die ikonischen Dogfights des Zweiten Weltkriegs erinnert, allerdings auf der Basis modernster Technologien. Der Film setzt auf emotionale Intensität und visuell spektakuläre Nahkämpfe, die eher an historische Luftkämpfe erinnern als an die technologische Realität des modernen Luftkriegs. Diese Mischung aus nostalgischem Kampfgeist und futuristischer Technik trägt wesentlich zur Faszination bei, bleibt aber weitgehend fiktional.

Fliegerdemonstration Axalp

In der Schweiz finden auf dem Fliegerschiessplatz Axalp-Ebenfluh im Berner Oberland traditionell Flugvorführungen für Politiker und hochrangige Militärs aus dem In- und Ausland statt. Diese jährlichen Veranstaltungen, bekannt als Fliegerschiessen Axalp, dienen dazu, die Leistungsfähigkeit und Einsatzbereitschaft der Schweizer Luftwaffe in alpiner Umgebung zu demonstrieren. Die Vorführungen umfassen präzise Manöver von Kampfflugzeugen, Helikoptern und Spezialeinheiten und bieten den eingeladenen Militärdelegationen einen umfassenden Einblick in die Fähigkeiten der Schweizer Armee.

Kritischer Blick auf Fliegerstaffeln

Fliegerstaffeln verbinden militärische, technische, diplomatische und kulturelle Ziele. Sie sind mehr als nur eine Show-Einheit: Sie stärken die Bindung der Bevölkerung an die Streitkräfte, fördern den Stolz auf die nationale Luftfahrt und spielen eine wichtige Rolle in der Öffentlichkeitsarbeit und den internationalen Beziehungen.

Allerdings sehe ich die Fliegerstaffeln auch kritisch, denn mit ihren Vorführungen und spektakulären Flugshows soll in der Bevölkerung gezielt Begeisterung für Kampfflugzeuge und die militärische Luftfahrt geweckt werden. Insbesondere bei Grossveranstaltungen wie Sportereignissen, bei denen Kunstflugstaffeln oft über die Zuschauer hinweg fliegen, wird ein emotionaler Moment geschaffen, der Bewunderung und Stolz hervorruft. Dabei wird leicht vergessen, dass Kampfflugzeuge keine Showmaschinen sind, sondern reale, oft zerstörerische Einsätze fliegen. Zudem können solche Inszenierungen den Blick auf sicherheitspolitische Debatten, hohe Betriebskosten und die Frage nach der tatsächlichen Notwendigkeit verstellen. Dennoch bleibt ihre Rolle als Symbol nationaler Stärke und Präzision ein wichtiger Teil ihrer Existenz.

Die sicherheitspolitische Lage der Schweiz

Die Sicherheitspolitischen Berichte der Schweiz sind wichtige Dokumente für die Ausrichtung der schweizerischen Sicherheitspolitik. Sie analysieren die aktuelle Bedrohungslage und legen die Ziele und Interessen der schweizerischen Sicherheitspolitik für die kommenden Jahre fest. Der letzte Sicherheitspolitische Bericht erschien 2021 und wurde mit dem Beginn des Krieges in der Ukraine ergänzt. Der Zusatzbericht analysiert die veränderte Bedrohungslage und die Konsequenzen für die schweizerische Sicherheitspolitik vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine.

Aktuelle Lage in Kurzform

Der Bericht hebt hervor, dass hybride Bedrohungen wie Cyberangriffe, Spionage und Desinformation an Bedeutung gewinnen, während Terrorismus und Organisierte Kriminalität weiterhin bestehen bleiben. Die Polarisierung in der Gesellschaft könnte den gewalttätigen Extremismus verstärken, und gesellschaftliche Bedrohungen wie die Covid-19-Pandemie unterstreichen diese Herausforderungen. Eine direkte militärische Bedrohung für die Schweiz ist derzeit unwahrscheinlich, Konflikte zwischen der NATO und Russland könnten jedoch indirekte Auswirkungen auf die Schweiz haben. Der Klimawandel erhöht das Risiko von Naturkatastrophen, während der Krieg in der Ukraine die Realität hybrider Konflikte wie Cyberangriffe und verdeckte Operationen unterstreicht.

Der Bericht empfiehlt eine verstärkte sicherheits- und verteidigungspolitische Zusammenarbeit mit Europa, insbesondere mit der NATO und der EU, um die Verteidigungsfähigkeit der Schweiz zu stärken. Diese Massnahmen sollen im Einklang mit der Neutralität stehen und könnten vermehrte Übungen, eine engere Zusammenarbeit in verteidigungsrelevanten Bereichen und eine vertiefte Partnerschaft mit der NATO umfassen. Zudem wird die Möglichkeit einer Beteiligung der Schweizer Armee an EU-Missionen wie der Rapid Deployment Capacity zur Unterstützung von Rettungs- und Evakuierungsoperationen erwähnt. Ziel ist es, durch internationale Kooperation die eigene Sicherheit zu erhöhen und auf die veränderte Bedrohungslage zu reagieren.

Fähigkeitsentwicklung der Armee

Natürlich versucht die Armee, ihren Auftrag aus dem Sicherheitspolitischen Bericht und dem Zusatzbericht abzuleiten. Dazu gehören die Verbesserung der Früherkennung von Bedrohungen, der Schutz vor Cyber-Angriffen und die Stärkung der Resilienz gegenüber hybriden Konflikten. Zudem soll die internationale Zusammenarbeit, insbesondere mit der NATO und der EU, unter Wahrung der schweizerischen Neutralität verstärkt werden.

Zudem hat die Armee begonnen, ihre Fähigkeiten umfassend zu modernisieren. Dazu gehören die Beschaffung moderner Kampfflugzeuge wie der F-35 und die Weiterentwicklung der Cyberabwehr. Gleichzeitig wurden Massnahmen ergriffen, um bestehende Fähigkeitslücken, zum Beispiel in der Panzerabwehr und der Munitionslagerung, zu schliessen und damit die Einsatz- und Durchhaltefähigkeit zu erhöhen.

Begründung der Beschaffung des F-35

Wie oben erwähnt kann die Beschaffung eines neuen Kampfflugzeuges durch die Schweizer Armee mit den Zielen des letzten Sicherheitspolitischen Berichtes begründet werden. Der F-35 soll die Luftraumüberwachung und Luftverteidigung sicherstellen, zur Abschreckung beitragen und die Zukunft der Schweizer Luftwaffe sichern.

Die Beschaffung des F-35

Heute verfügt die Schweizer Armee noch über 30 McDonnell Douglas F/A-18 Hornet und 25 Northrop F-5 Tiger II, die jedoch nicht alle einsatzbereit sind. Der Tiger wurde zwischen 1976 und 1984 beschafft, die Auslieferung der F/A-18 begann 1996. Daraus lässt sich der Bedarf der Schweizer Armee an neuen Kampfflugzeugen ableiten. Die zeitliche Abfolge bis zur Beschaffung des F-35 ist wie folgt:

  • 30.11.2011: Der Bundesrat hat beschlossen, 22 Kampfflugzeuge des Typs Gripen E/F als Ersatz für die veralteten F-5 Tiger zu beschaffen.
  • 18.05.2014: Der Souverän hat sich gegen die Beschaffung von 22 Kampfflugzeugen des Typs Gripen für die Schweizer Luftwaffe ausgesprochen.
  • 2017: Die Schweiz startete das Programm „Air2030“, das nicht nur die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge, sondern auch die Erneuerung der bodengestützten Luftverteidigung (BODLUV) umfasste.
  • 2017 – 2020: Zwischen 2017 und 2020 führte die Schweiz ein umfangreiches Ausschreibungs- und Evaluationsverfahren für den Ersatz ihrer veralteten Kampfflugzeuge vom Typ F/A-18 Hornet und F-5 Tiger durch. Im Rahmen des Projekts Air2030 sollen moderne Kampfflugzeuge beschafft werden, die in der Lage sind, die Sicherheit des Schweizer Luftraums zu gewährleisten. Nach der Festlegung eines Budgets von 6 Milliarden Franken lud die Schweiz fünf Hersteller ein, ihre Modelle vorzustellen: Lockheed Martin F-35A, Boeing F/A-18 Super Hornet, Dassault Rafale, Eurofighter Typhoon und Saab Gripen E. Saab zog den Gripen jedoch später zurück, da er nicht rechtzeitig verfügbar war. Im Jahr 2019 fanden umfangreiche Tests statt, bei denen die Flugzeuge unter realen Bedingungen auf ihre Leistung, ihre Kosten und ihre Eignung für die spezifischen Anforderungen der Schweiz geprüft wurden. Dabei spielten insbesondere die Topographie, die Überlebensfähigkeit und die Betriebskosten über 30 Jahre eine zentrale Rolle. Am Ende der Evaluation erhielt die F-35A die höchste Punktzahl und wurde als kosteneffizientestes und technologisch überlegenes Modell bewertet.
  • 7.09.2020: Gleichzeitig stimmte das Schweizer Volk im September 2020 in einer Volksabstimmung knapp mit 50,1 % für das festgelegte Budget, ohne dass dabei ein spezifisches Modell genannt wurde. Dieser Prozess führte schliesslich zur Entscheidungsfindung im Jahr 2021, als der Bundesrat den F-35A auswählte. Trotz heftiger politischer Diskussionen legte diese Evaluationsphase den Grundstein für die grösste Rüstungsinvestition der jüngeren Schweizer Geschichte.

Die 36 F-35A werden zwischen 2027 und 2030 schrittweise an die Schweiz ausgeliefert. Die ersten acht Flugzeuge werden 2027 direkt vom Herstellerwerk von Lockheed Martin in Fort Worth, USA, geliefert und bleiben dort zunächst für die Ausbildung der ersten Pilotinnen und Piloten. In den USA werden außerdem Flugversuche durchgeführt, um die Leistungen des Waffensystems zu überprüfen. Diese ersten acht Maschinen sollen Ende 2029 in die Schweiz überführt werden.

Ab 2028 erfolgt die Lieferung von acht weiteren F-35A aus dem Werk von Leonardo in Cameri, Norditalien, das die Flugzeuge im Auftrag von Lockheed Martin fertigt. In den Jahren 2029 und 2030 werden jeweils zehn weitere F-35A ebenfalls von Cameri an die Schweiz ausgeliefert. Mit diesem gestaffelten Lieferplan wird die schrittweise Integration des neuen Systems in die Schweizer Luftwaffe ermöglicht.

Jedes Kampfflugzeug hat seine Schwächen

Armee und Bundesrat haben sich für den F-35 entschieden. Grundsätzlich haben alle Kampfflugzeuge ihre Stärken und Schwächen. Nachfolgend eine sehr kurze Zusammenfassung der Schwächen der in der Schweiz evaluierten Kampfflugzeuge.

Der Eurofighter Typhoon ist sehr wartungsintensiv und anfällig für das Ansaugen von Fremdkörpern. Seine aerodynamische Instabilität erfordert ständige Korrekturen durch das Flugsteuerungssystem. Der Deltaflügel führt zu hohen Landegeschwindigkeiten und Energieverlusten in engen Kurven. Die Komplexität des Flugzeugs führt zu hohen Kosten. Der Saab Gripen E verzichtet auf Tarnkappentechnologie, was ihn für gegnerische Radarsysteme sichtbarer macht. Seine Schwerlastkapazität ist trotz Verbesserungen begrenzt, insbesondere wenn externe Treibstofftanks mitgeführt werden. Die Wendigkeit wurde zugunsten der Schwerlastfähigkeit etwas eingeschränkt. Der Gripen E hat bisher nur wenige Exporterfolge erzielt und ist auf ausländische Komponenten wie das Triebwerk angewiesen. Wie viele moderne Kampfflugzeuge ist er wartungsintensiv. Der Dassault Rafale leidet unter der eingeschränkten Steuerwirkung der Canards und unter Schubverlusten durch starre Lufteinlässe. Die seitliche Anordnung der Triebwerke kann die Leistung beeinträchtigen. Der hohe Preis und anfängliche Exportprobleme stellten wirtschaftliche Herausforderungen dar. Ständige Modernisierungen sind notwendig, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Grundkonstruktion ist inzwischen relativ alt. Die F-35 Lightning II kämpft mit Triebwerksproblemen, Softwarefehlern und zeitweise mangelnder Treffsicherheit der Bordkanone. Ihre geringe Steigleistung und Wendigkeit sind im Luftpolizeidienst nachteilig. Die Einsatzbereitschaft liegt weit unter dem Sollwert und es gibt Probleme bei der Ersatzteilversorgung. Hohe Anforderungen an die Infrastruktur führen zu Mehrkosten. Das Projekt litt unter erheblichen Kostenüberschreitungen und Verzögerungen. Die angegebenen niedrigen Betriebskosten entsprechen möglicherweise nicht der Realität.

Die Aufzählung der Schwächen liesse sich beliebig fortsetzen. Letztendlich muss die jeweilige Armee entscheiden, welches Kampfflugzeug ihren Anforderungen am besten entspricht. Der F-35 wird von rund 20 Ländern genutzt, was eine breite Nutzerbasis und hohe Produktionszahlen bedeutet. Dies kann langfristig zu Vorteilen führen, z.B. bei der Verfügbarkeit von Ersatzteilen und der internationalen Zusammenarbeit. Allerdings könnten diese Skaleneffekte auch überschätzt werden, da hohe Stückzahlen allein nicht unbedingt niedrigere Kosten oder eine bessere Verfügbarkeit garantieren.

Was genau macht eine Drohne aus?

Eine Drohne, auch Unmanned Aerial Vehicle (UAV) genannt, ist ein unbemanntes Fluggerät, das ferngesteuert oder autonom betrieben werden kann. Sie variieren stark in Grösse, Funktion und Einsatzgebiet, von kleinen Hobby-Drohnen bis hin zu grossen militärischen Systemen. Drohnen können mit Kameras, Sensoren und anderen Technologien ausgestattet sein, um spezifische Aufgaben wie Überwachung, Datenerfassung oder Logistik zu erfüllen.

Sie werden in vielen Bereichen eingesetzt, sowohl im militärischen Bereich, wo sie zur Aufklärung und für Luftangriffe verwendet werden, als auch im zivilen Bereich, z. B. in der Landwirtschaft, bei Inspektionen oder im Katastrophenschutz. Je nach Bauart gibt es rotorgetriebene Drohnen für kurze und wendige Flüge, flugzeugähnliche Starrflügler für Langstreckeneinsätze und Hybridmodelle für flexible Anwendungen.

Drohnen können von Bodenstationen, vorprogrammierten Flugplänen oder künstlicher Intelligenz gesteuert werden. Rechtlich gelten sie in vielen Ländern als regulierte Luftfahrzeuge mit Vorschriften zu Betriebshöhe, Sichtweite und Lizenzen. Ihre Vielseitigkeit macht sie zu einem wichtigen Werkzeug für zahlreiche zivile und militärische Anwendungen.

Autonome Flugtechnik ist die Zukunft

Ein bemanntes Kampfflugzeug muss die Fliehkräfte berücksichtigen, was seine Manövrierfähigkeit und Effektivität einschränkt. Ein Abwehrflugkörper oder ein autonomes Fluggerät hat diese Einschränkungen nicht, da es ohne menschlichen Piloten operieren kann. Zudem fliegen menschliche Piloten in modernen Jets oft „blind“ nach Instrumenten, da ihre Wahrnehmung in Hochgeschwindigkeitsszenarien nicht ausreicht. Autonome Systeme könnten dieselben Daten nutzen und schneller und präziser darauf reagieren, ohne Verzögerungen durch menschliche Wahrnehmung und Entscheidungsfindung.

Der Übergang zu vollständig autonomen Flugsystemen wäre daher nicht nur eine technologische, sondern auch eine logische Entwicklung. Diese Systeme könnten komplexe Entscheidungen treffen, feindliche Bedrohungen analysieren und in Echtzeit reagieren, ohne durch Stress oder körperliche Belastung beeinträchtigt zu werden. Unbemannte Flugzeuge und Drohnen können Manöver durchführen, die für menschliche Piloten unmöglich oder tödlich wären, und sind weniger anfällig für Fehler oder Verzögerungen. Gleichzeitig ermöglichen sie Einsätze in gefährlichen Situationen ohne Gefährdung von Menschenleben, was sowohl moralisch als auch strategisch sinnvoll ist.

Autonome Flugsysteme könnten auch kostengünstiger sein, da sie in grösseren Stückzahlen produziert und einfacher gewartet werden können. Die Tatsache, dass sich Piloten heute oft schon weitgehend auf Instrumente verlassen, zeigt, dass wir Maschinen zunehmend vertrauen – der nächste Schritt ist, diese Aufgaben vollständig an autonome Systeme zu übertragen. Solche Systeme könnten nicht nur die Effizienz und Präzision steigern, sondern auch die Sicherheit erhöhen und die Kosten der Luftfahrt drastisch senken. Die Zukunft der Luftfahrt gehört unbemannten, intelligenten Systemen, die schneller, präziser und zuverlässiger agieren können als jeder Mensch.

Fazit

In der Bevölkerung besteht eine emotionale Bindung zu Kampfflugzeugen. Diese wird durch Flugshows, Kinofilme und Fliegerstaffeln genährt. Während ich diesen Blog schreibe, produzieren KI-Generatoren immer bessere Texte, Bilder, Musik und vieles mehr. Es wäre erstaunlich, wenn künstliche Intelligenz in Zukunft nicht auch der bessere Pilot wäre. Viel Technik in einem Kampfflugzeug gibt es nur, weil es von einem Menschen geflogen wird. Ausserdem dürfen die Flugmanöver die Grenzen des menschlichen Körpers nicht überschreiten.

Die Auslieferung des F-35 an die Schweiz ist für 2027 vorgesehen. Einige Jahre später wird man feststellen, dass die autonome Flugtechnik die meisten Aufgaben viel günstiger und besser erfüllen kann. Offensichtlich orientieren sich die meisten Länder, so auch die Schweiz, an den Rüstungsbeschaffungen anderer Staaten. In der Hoffnung, wenn die das kaufen, muss es gut sein. Dazu kommt, dass die Fähigkeiten der modernsten Kampfflugzeuge weit überschätzt werden. Eine F-35 oder auch die russische Su-57 wurden bisher kaum im Ernstfall eingesetzt. Ein Abschuss dieser doch so überlegenen Kampfflugzeuge könnte die potenziellen Käufer abschrecken. Es mag sein, dass Israel die F-35 für bestimmte Operationen einsetzt, aber in seinem Konfliktgebiet gibt es kaum Widerstand gegen irgendein Kampfflugzeug.