Bei der Abwahl von Bundesrat Blocher im Jahre 2007 waren die SP-Parlamentarier die grössten Strippenzieher. Damals musste Christoph Blocher seinen Bundesratssitz für Frau Eveline Widmer-Schlumpf, der damaligen SVP-Regierungsrätin des Kantons Graubünden räumen.


Quelle: SF1, Die Abwahl – Die Geheimoperation gegen Christoph Blocher vom 6.03.2008

Die SP-Parlamentarier haben eine nicht von der SVP nominierte Kandidatin gewählt. In der Vereinigten Bundesversammlung wussten wahrscheinlich damals die Eveline Widmer-Schlumpf wählenden nicht viel mehr als ihren Namen.

Aus diesem Grund erstaunt mich, welches Zugeständnis die SP ihren Kandidatinnen abgerungen hat: Nur die von der SP-Bundeshautfraktion selektierten Bundesratskandidatinnen dürfen eine allfällige Wahl akzeptieren.

Auch SP-Mitgliedschaft ist die Teilnahme an einer Zweiklassengesellschaft

Kürzlich habe ich registriert, dass die SVP-Partei eine Zweiklassengesellschaft sei, siehe „Herr Blocher und seine SVP sind einfältig geworden – SVP-Mitgliedschaft ist eine Mitgliedschaft in einer Zweiklassengesellschaft„. Leider ist die SP-Partei nicht besser, auch sie glaubt, über den demokratischen Regeln zu stehen.

Frau Fässer und Frau Herzog nur zweitklassige SP-Mitglieder

Auf der Webseite der SP konnte ich folgendes Zugeständnis ihrer Kandidatinnen entnehmen:

Alle vier Kandidatinnen der SP haben sich ausserdem zum Fraktionswillen bekannt. Eine allfällige Wahl der Vereinigten Bundesversammlung ausserhalb des Wahlvorschlags der SP-Bundeshausfraktion würde keine der vier Kandidatinnen gegen den Willen der Fraktion annehmen.
Quelle: „SP-Geschäftsleitung führt Hearings mit …

Frau Herzog ist eine von der SP-Bundeshautfraktion nicht akzeptierte Bundesratskandidaten, obwohl durch die SP Basel-Stadt und Baselland nominiert. Frau Herzog ist Mitglied des Basel-Städtischen Verfassungsrats, Grossrätin und seit 2005 Regierungsrätin und kann als SP-Mitglied Polit-Erfahrungen in der Legislative wie in der Exekutive vorweisen. Scheinbar taugt dieses SP-Miglied als Regierungsrätin nicht aber als Bundesrätin.

Widersprüchliches Verhalten der SP

Es ist verlogen und widersprüchlich; Frau Eveline Widmer-Schlumpf in den Bundesrat zu wählen und seinen eignen Mitgliedern die Annahme einer allfällige Wahl zu verweigern.

Falls die demokratische Wahl der Vereinigten Bundesversammlung eine Hildegard Fässler oder Frau Herzog wählt, dann dürfen bzw. müssen diese ihre Wahl nach demokratischen Regeln akzeptieren. Zuvor hatten sie mit der Unterstützung ihrer Kantonalpartien für dieses Amt kandidiert.

Das Amt des Bundesrates muss für die Politiker schon viel an Status und Macht ausstrahlen, anders ist ein solches widersprüchliches Verhalten nicht erklärbar.

Auch erfahrener Helmut Hubacher nicht klüger

Die Antwort des ehemals mächtigen und bekannten SP-Poltiker in einem Interview:

Die SP verlangt von den nicht nominierten Kandidatinnen, sie müssten eine Wahl ablehnen, wenn die Fraktion sie nicht will. Ist das richtig?
(Er überlegt.) Ich finde das richtig. Aber das Ganze hat zwei Seiten, gerade für uns Sozialdemokraten. Die bürgerliche Mehrheit im Parlament hat unsere Nominationen dreimal ausgeschlagen und stattdessen Hans-Peter Tschudi, Willi Ritschard und Otto Stich gewählt. Bei Tschudi und Ritschard mussten wir im Nachhinein anerkennen, dass uns die Bürgerlichen zwei gute SP-Bundesräte gewählt hatten. Und mit Stich immerhin einen mehrheitlich guten. Wobei die Umstände seiner Wahl natürlich eine Menge zu reden gaben.
Quelle: Tagesanzeiger, «Mich stören Denkverbote»

Gleichheit/Chancengleichheit und Demokratie nicht bei Bundesratswahlen

Im neusten Parteiprogramm werden öfters die Wörter Gleichheit und Diskriminierung gefunden. Zwei kurze Passagen:

Gleichheit heisst in unserem Verständnis sowohl gleiche Rechte als auch tatsächliche gesellschaftliche Gleichstellung der Individuen. … Wir beziehen Gleichheit auch auf Freiheit: Nur wenn es in einer Gesellschaft die Gleichheit an Freiheiten gibt, handelt es sich um eine freiheitliche Gesellschaft.

Offenbar ist die SP-Partei keine freiheitliche Gesellschaft, im Gegenteil diskriminiert sie doch bestimmte SP-Mitglieder. Damit handelt die SP-Bundesfraktion im Widerspruch mit ihrem Parteiprogramm – keine Sozialdemokratie bei Bundesratswahlen.

Parlament entmündigt sich selbst als Wahlgremium des Bundesrats

Wäre ich Parlamentarier, ich würde keine der vier bzw. zwei SP-Kandidatinnen wählen, denn diese haben mit ihrem Zugeständnis bewiesen, dass sie parteihörige Politikerinnen sind. Eine Bundesrätin verpflichtet sich gegenüber dem schweizerischen Bundesstaat und nicht der Politik ihrer Partei.

Bundesratswahlen durch das Volk

Folgendes spricht für die SVP-Initiative „Bundesratswahl durch das Volk“:

  • Zurzeit erleben wir das Polittheater „Bundesratswahlen“, die Volksabstimmung „Revision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes“ geht in diesen Aufregung völlig unter. Das Volk wird durch die Medien ständig mit Informationen über diese Wahlen beschossen. Wenn wir schon unfreiwillig zu zahlenden (Radio- und Fernsehkonzession) Zuhörer bzw. Zuschauer dieses Politspektakel werden, so können wir die Bundesräte auch direkt wählen.
  • Die Bundesratswahlen sind in den letzten Jahren geprägt von Machtspielen und Parteipolitik. Die bisherigen Wählenden haben das Ziel völlig aus ihren Augen verloren, der Volksrepräsentant muss bei dieser Wahl durch das gesamte Volk ersetzt werden.

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