Inwiefern gibt es eine Mitschuld des schweizerischen Staates am heutigen Steuerstreit der Schweizer Banken mit den USA und gewissen europäischen Staaten. War das Bankgeheimnis eine Einladung an gewisse Vermögensverwalter und ihre Kunden den Fiskus zu betrügen?

Welche Auswirkungen hatten Aussagen wie die des ehemaligen Bundesrates Merz in der Zeit zwischen 2004 bis 2009?
Bundesrat Merz zum Bankgeheimnis Teil 1

Bundesrat Merz zum Bankgeheimnis Teil 2

Quelle: SonntagsZeitung vom 7.02.2010

Noch bis in Jahre 2008 wiegte sich wahrscheinlich die schweizerische Finanzindustrie aufgrund solcher Bekenntnisse zum Bankgeheimnis in falscher Sicherheit. Doch seit dem Jahre 2009 wird das schweizerische Bankgeheimnis löchriger als ein Emmentaler Käse.

Wegelin & Co. und die naive heuchlerische Empörungswelle der Politiker

Anfangs Januar 2013 bekannte sich Bank Wegelin & Co. gegenüber den US-amerikanischen Justiz der Beihilfe zur Steuerhinterziehung als schuldig. Der Wegelin-Teilhaber Otto Bruderer gestand, aktiv den US-Amerikanern geholfen zu haben, Steuern vor dem heimischen Steuerbehörde zu verstecken. Was etliche schweizerischen Politiker in Rage brachte, war folgendes Bekenntnis von Herrn Bruderer gegenüber den US-Behörden: Die aktive Beihilfe zur Steuerhinterziehung amerikanischer Bürger sei «in der Schweizer Bankenindustrie üblich gewesen». Nicht zuletzt deswegen sei man bei Wegelin & Co. Privatbankiers davon ausgegangen, dass man in den USA nicht belangt werden könne. Für Nationalrat Christophe Darbellay, Präsident der CVP war diese Aussage verräterisch:


Quelle: SRF, Tagesschau vom 11.01.2013 – Wegelin-Bankiers klagen gegen CVP-Präsident Darbellay

Wie im Video erwähnt, schloss sich SP-Präsident Levrat dieser Aussage an:

Darbellay hat Recht: Hummler und Bruderer sind Verräter. Und ein Paar weitere Banker auch.

Christian Levrat widerspricht sich selbst

Mit der folgenden Erklärung widerspricht Herr Levrat seinem Verräter-Statement über Hummler und Bruderer. Bezichtigt er doch die bürgerlichen Parteien mit ihrer Bankgeheimnis-Gesetzgebung den Steuerbetrug wissentlich gefördert und geduldet zu haben.


Quelle: SRF, Arena vom 31.05.2013 – US-Bankendeal: Erfolg oder Debakel?

Der FDP-Präsident Philipp Müller weisst den Vorwurf der Mitschuld am Steuerbetrug zurück:


Quelle: SRF, Arena vom 31.05.2013 – US-Bankendeal: Erfolg oder Debakel?

Herr Müller streitet jegliche Mitverantwortung der Politik am Gesetzesbruch der Banken ab. Die politische Rechte und teilweise auch Mitglieder der Mitteparteien titulieren oftmals ihre politischen Gegner der linken Parteien als Gutmenschen. Scheinbar haben die bürgerlichen Politiker betreffend des Bankgeheimnisses in das Lager der Gutmenschen gewechselt, nur so lässt sich ihre Naivität erklären.

Logisches denken und Philipp Müller

Wie Herr Müller indirekt das Geschäftsmodell der undeklarierten Gelder als Wettbewerbsvorteil bestätigt:

Quelle: Samstags-Rundschau vom 1.06.2013 – Philipp Müller, FDP-Parteipräsident
Auch Philipp Müller ist sehr wohl bewusst, dass sich noch immer viel unversteuertes Geld in der Welt fliesst. Andernfalls würde er die einseitige Teilnahme am automatischen Informationsaustausch (AIAT) kaum als Wettbewerbsnachteil ausschlagen. Die Logik sagt mir Folgendes: Würden weltweit alle Personen ihre Vermögen und Einkommen vollständig und korrekt versteuern, wäre der AIAT überflüssig, sofern er nicht die Arbeit des Steuersubjektes für die Steuererklärung vereinfacht bzw. reduziert. Somit ist auch die einseitige Einführung des AIAT für die Schweiz kein Wettbewerbsnachteil.

Wie Philipp Müller seine Meinung zum AIAT änderte

Scheinbar stört sich niemand daran, wenn Politiker ihre absoluten unumstösslichen Meinungen ändern. Noch Jahre 2010 lehnte Philipp Müller den AIAT völlig ab:


Quelle: SRF vom 23.04.2010 – Philipp Müller und der Finanzplatz Schweiz

Doch im Jahr 2013 spricht er in der Samstags-Rundschau nicht mehr vom gläsernen Bürger und würde sich nicht gegen eine globale Einführung des AIAT wehren.

Bankiervereinigung und die Weissgeldstrategie

Dass sich die Schweizerische Bankiervereinigung an der Weissgeldstrategie stört, ist auch der Sicht eines Homo oeconomicus nachvollziehbar. Ein Schwund der verwalteten Vermögen bedeutet für das Vermögensverwaltungsgeschäft die Abnahme der Einnahmen.


Quelle: Rendez-vous vom 13.03.2013 – Die Bankiervereinigung und ihre vermeintliche Weissgeldstrategie

Es ist verständlich, dass im erwähnten Brief an die Mitglieder des Bundesrates, die Kundeninteresse in den Vordergrund gerückt werden. Letztendlich geht es aber um die Sicherung der verwalteten Vermögen und der daraus entstehenden Einkünfte.

Fazit

Der Vorwurf von Herrn Levrat an die bürgerlichen Parteien ist nicht von der Hand zu weisen. Lange verteidigten die bürgerlichen Parteien das Bankgeheimnis als heilige Kuh. Dieselben Politiker weisen heute jede Schuld an der Steuerhinterziehung von sich und wälzen diese alleine auf das gierige Verhalten der schweizerischen Finanzindustrie ab. Entweder sind solche Politiker äusserst naiv aber wahrscheinlicher sind sie heuchlerisch.

Einmal mehr wird die viel gepriesene schweizerische Unabhängigkeit entzaubert. Von den USA bekommen die Schweizer Banken nun die Rechnung für das Geschäftsmodell Steuerhinterziehung präsentiert. Was es wohl kosten wird?

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