Im ersten Teil unserer Analyse haben wir die Fakten westlicher Interventionspolitik beleuchtet: die Kriege, Regime Changes und das selektive Sanktionssystem. Doch diese offensichtlichen Formen der Machtausübung sind nur ein Teil eines grösseren Bildes. Dahinter liegt ein System wirtschaftlicher und institutioneller Strukturen, das seit Jahrzehnten die globalen Verhältnisse prägt. Diese Mechanismen sind raffinierter als die brutalen Methoden früherer Kolonialzeiten und funktionieren durch Wirtschaftsabkommen, internationale Institutionen und mediale Einflussnahme.

Das Ergebnis bleibt oft ähnlich: Entwicklungsländer liefern Rohstoffe und billige Arbeitskraft, während Industrienationen die Wertschöpfung kontrollieren und die Regeln definieren. Gleichzeitig zeigt sich eine selektive Aufmerksamkeit für globale Krisen. Während über Konflikte in geopolitisch wichtigen Regionen ausführlich berichtet wird, bleiben humanitäre Katastrophen in strategisch unwichtigen Gebieten oft unbeachtet.

Wirtschaftliche Abhängigkeitsstrukturen

Ungleiche Handelsbeziehungen

Der internationale Handel folgt Strukturen, die systematisch Industrieländer bevorzugen und Entwicklungsländer in der Rolle der Rohstofflieferanten gefangen halten. Multinationale Konzerne sichern sich Zugang zu Bodenschätzen, Plantagen und kostengünstigen Produktionsstätten unter Bedingungen, die für die betroffenen Länder oft wenig vorteilhaft sind. Dies funktioniert über verschiedene Mechanismen. Handelsabkommen fördern den Export von Rohstoffen, behindern aber den Aufbau lokaler Industrien. Zölle und Importbeschränkungen treffen verarbeitete Produkte aus Entwicklungsländern härter als Rohstoffe. Ein anschauliches Beispiel: Kakao aus Ghana kann zollfrei in die EU exportiert werden, während Schokolade aus Ghana hohe Zölle zahlen muss. So bleibt die wertschöpfende Verarbeitung in Europa.

Rohstoffbedarf der grünen Transformation

Besonders deutlich werden diese Strukturen bei den Rohstoffen für die Energiewende. Westliche Länder forcieren den Übergang zu erneuerbaren Energien und Elektromobilität, um ihre Klimaziele zu erreichen. Die dafür benötigten Materialien stammen jedoch aus Ländern, die von den Umweltkosten des Abbaus wenig profitieren. Lithium für Batterien kommt hauptsächlich aus Chile, Bolivien und Argentinien. Der Abbau verbraucht gigantische Wassermengen in ohnehin trockenen Regionen und belastet das Grundwasser. Kobalt stammt zu 70 Prozent aus der Demokratischen Republik Kongo, wo auch Kinderarbeit in illegalen Minen dokumentiert ist. Seltene Erden für Windturbinen und Solarpanels werden vor allem in China abgebaut, mit erheblichen Umweltfolgen. Die westlichen Unternehmen profitieren von diesen Technologien und können sich als Klimavorreiter positionieren. Die Umwelt- und Sozialkosten bleiben jedoch weitgehend unsichtbar, da sie fernab von Europa und Nordamerika anfallen.

IWF und Weltbank als Steuerungsinstrumente

Eine besondere Rolle spielen die Bretton Woods Institutionen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank wurden nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffen, um Entwicklung zu fördern und Krisen zu verhindern. In der Praxis sind sie jedoch zu Instrumenten der Wirtschaftspolitik der Geberländer geworden. Das System funktioniert folgendermassen: Länder geraten in finanzielle Schwierigkeiten, oft durch externe Schocks wie Rohstoffpreisschwankungen oder Zinssteigerungen in den USA. Der IWF bietet Kredite an, aber nur gegen Strukturanpassungsprogramme. Diese fordern typischerweise Privatisierung staatlicher Unternehmen, Öffnung der Märkte für ausländische Investoren, Kürzung von Sozialausgaben und Deregulierung der Finanzmärkte. Das Ergebnis ist vorhersagbar: Westliche Konzerne können günstig privatisierte Unternehmen aufkaufen, neue Märkte erschliessen und Ressourcen ausbeuten. Die lokale Bevölkerung zahlt den Preis durch höhere Preise für Grundgüter, schlechtere öffentliche Dienstleistungen und weniger Arbeitsplätze im öffentlichen Sektor.

Griechenland während der Eurokrise ist ein anschauliches Beispiel aus Europa. Die Troika aus EU, EZB und IWF zwang das Land zu drastischen Sparmassnahmen und Privatisierungen. Deutsche und französische Banken, die riskant an Griechenland verliehen hatten, wurden gerettet. Die griechische Bevölkerung bekam Arbeitslosigkeit und soziale Kürzungen.

Selektive Aufmerksamkeit für Krisen

Der vergessene Konflikt im Sudan

Wenn Politiker von wertebasierter Aussenpolitik sprechen, lohnt ein Blick darauf, welche Krisen Aufmerksamkeit bekommen und welche nicht. Das Muster ist aufschlussreich: Interventionen finden dort statt, wo geopolitische oder wirtschaftliche Interessen auf dem Spiel stehen. Humanitäre Katastrophen in strategisch unwichtigen Regionen werden oft ignoriert.

Seit April 2023 tobt im Sudan einer der brutalsten Konflikte weltweit. Zwei Militärfaktionen kämpfen um die Macht, mit erschütternden Folgen: Über 20’000 Tote, mehr als 10 Millionen Binnenvertriebene, 2 Millionen Flüchtlinge in Nachbarländern. In Darfur verüben paramilitärische Kräfte systematische Massaker. In der belagerten Stadt El Fascher kämpfen 300’000 Menschen ums Überleben. Experten sprechen von Kriegsverbrechen und ethnischen Säuberungen. Die UN warnt vor einer der schlimmsten humanitären Krisen weltweit. Trotzdem ist der Sudan Konflikt in westlichen Medien praktisch unsichtbar.

Warum der Sudan ignoriert wird

Der Grund für diese geringe Aufmerksamkeit liegt auf der Hand: Im Sudan gibt es für westliche Länder wenig zu holen. Das Land hat keine strategisch wichtigen Rohstoffe, liegt geografisch weit von Europa entfernt und schickt kaum Flüchtlinge in den Westen. 2023 stellten sudanesische Staatsangehörige nur etwa 10’000 Asylanträge in der EU, bei über 10 Millionen Vertriebenen im eigenen Land. Zudem fehlen klare geopolitische Fronten. Anders als in der Ukraine, wo Russland als Gegner westlicher Interessen agiert, kämpfen im Sudan zwei Fraktionen um die Macht, von denen keine den westlichen Ländern besonders nahe oder fern steht. Es gibt keine Gelegenheit, den Konflikt für eigene Zwecke zu instrumentalisieren.

Historische Muster selektiver Intervention

Dieses Muster zieht sich durch die Aussenpolitik der letzten Jahrzehnte. In Ruanda massakrierten sich 1994 verschiedene Bevölkerungsgruppen gegenseitig, die internationale Gemeinschaft schaute weg, da das kleine afrikanische Land strategisch unwichtig war. Zur gleichen Zeit bombardierte die NATO Jugoslawien, offiziell aus humanitären Gründen, tatsächlich aber um russischen Einfluss auf dem Balkan zu begrenzen.

In Jemen führt Saudi Arabien seit 2015 einen verheerenden Krieg mit westlichen Waffen. Über 350’000 Menschen sind gestorben, Millionen hungern. Doch Saudi Arabien ist strategischer Partner, deshalb wird das Land nicht sanktioniert, sondern weiter mit Waffen beliefert.

Die Botschaft ist deutlich: Menschenrechte werden dann wichtig, wenn sie den Interessen der mächtigen Länder dienen. Ansonsten bleiben sie Verhandlungsmasse.

Ökologische Doppelstandards

Ungleicher Ressourcenverbrauch

Während Industrieländer anderen Ländern Nachhaltigkeit predigen, leben sie selbst weit über den ökologischen Möglichkeiten. Diese Diskrepanz zeigt sich besonders deutlich beim Ressourcenverbrauch und den CO₂ Emissionen. Die Zahlen sprechen für sich: Ein Amerikaner fliegt im Durchschnitt etwa 2’300 Kilometer pro Jahr, ein Europäer etwa 1’400 Kilometer. In Afrika oder Südasien sind es weniger als 100 Kilometer. Während im Westen Billigflieger für Wochenendtrips beworben werden, bleibt in weiten Teilen der Welt ein Flugticket Luxus.

Beim Fleischkonsum ist die Ungleichheit noch drastischer. In den USA werden pro Person und Jahr über 120 Kilogramm Fleisch konsumiert, in Europa etwa 80 Kilogramm. In vielen Ländern Afrikas und Asiens sind es weniger als 10 Kilogramm. Dabei ist Fleischproduktion einer der grössten Klimabelaster: Sie braucht enorme Flächen, verschlingt Wasser und produziert Treibhausgase.

Bei Autos ist das Verhältnis ähnlich extrem. In den USA kommen 800 Autos auf 1’000 Einwohner, in Deutschland 570, in Indien gerade einmal 22. Während westliche Städte im Verkehr ersticken, fahren in weiten Teilen der Welt die meisten Menschen Fahrrad oder gehen zu Fuss.

Die Unmöglichkeit des westlichen Lebensstils

Diese Zahlen sind mehr als Statistiken, sie zeigen die Unmöglichkeit einer globalen Ausweitung des westlichen Lebensstils. Wenn alle Menschen so leben würden wie der Durchschnittsamerikaner, bräuchten wir etwa fünf Planeten. Selbst der europäische Lebensstil würde drei Planeten erfordern.

Industrieländer haben sich die besten Ressourcen gesichert und verbrauchen sie weit über das hinaus, was nachhaltig wäre. Gleichzeitig sind es oft gerade die Länder mit dem niedrigsten Verbrauch, die am stärksten unter den Folgen leiden. Überschwemmungen in Bangladesch, Dürren in Afrika, steigende Meeresspiegel im Pazifik – die Opfer haben das Problem meist nicht verursacht.

Die Schattenseiten der grünen Transformation

Besonders problematisch wird die ökologische Diskrepanz bei der sogenannten grünen Transformation. Industrieländer inszenieren sich als Vorreiter im Klimaschutz: Elektroautos, Solarpanels, Windturbinen, Recycling. Doch diese Technologien haben ihre eigenen dunklen Seiten.

Elektroauto Batterien brauchen Lithium aus südamerikanischen Salzwüsten, wo der Abbau ganze Ökosysteme zerstört. Für ein durchschnittliches E-Auto werden etwa 8 Kilogramm Lithium benötigt – der Abbau dieser Menge verbraucht etwa 500’000 Liter Wasser. In der Atacama Wüste sinkt deshalb der Grundwasserspiegel drastisch, Flamingos sterben und Quinoa Bauern verlieren ihre Existenz. Solarpanels benötigen seltene Erden, deren Abbau in China ganze Landstriche vergiftet. Windturbinen brauchen Neodym, ein seltenes Element, dessen Gewinnung radioaktive Abfälle produziert. Die Umweltkosten bleiben unsichtbar, solange sie nicht vor der eigenen Haustür anfallen.

Medien und Politik: Narrative der Legitimation

Der Zwang zur Rechtfertigung

Ein entscheidender Unterschied zwischen demokratischen Systemen und Diktaturen liegt darin, wie politische Entscheidungen legitimiert werden. Autokraten können einfach befehlen. Demokratische Regierungen hingegen müssen ihre Bevölkerung überzeugen, besonders bei unpopulären Kriegen oder wirtschaftlichen Eingriffen.

Kaum eine Bevölkerung würde Kriege um Öl, Rohstoffe oder geopolitische Vorteile unterstützen, wenn das offen gesagt würde. Deshalb sind westliche Regierungen darauf angewiesen, moralische Erzählungen zu entwickeln. Aus Angriffskriegen werden humanitäre Interventionen, aus Rohstoffinteressen wird Demokratieexport, aus Regime Changes wird Befreiung von Diktatoren.

Diese Notwendigkeit zur Rechtfertigung macht demokratische Systeme in gewisser Weise anfälliger für Heuchelei als offene Diktaturen. Ein Putin oder Xi Jinping muss seinen Bürgern nicht erklären, warum er militärisch eingreift. Ein Trump oder Merz hingegen muss eine Geschichte erzählen, die seine Wähler überzeugt.

Medien als Vermittler der Macht

Hier kommen die Medien ins Spiel. In funktionierenden Demokratien sollten sie die Regierung kritisch begleiten und deren Behauptungen überprüfen. In der Realität werden sie oft zu Vermittlern der Macht, die Regierungsnarrative weitgehend unkritisch übernehmen. Das zeigt sich besonders deutlich in Kriegszeiten. Beim Irak Krieg 2003 übernahmen grosse Zeitungen und Fernsehsender die Behauptungen über Massenvernichtungswaffen weitgehend unkritisch. Kritische Stimmen wurden marginalisiert oder als unpatriotisch abgestempelt.

Ähnlich funktionierte es bei den NATO Bomben auf Jugoslawien 1999, den Interventionen in Libyen 2011 oder der Berichterstattung über Syrien. Immer wieder das gleiche Muster: Regierungsquellen werden als verlässlich dargestellt, offizielle Verlautbarungen unkritisch übernommen, alternative Sichtweisen ausgeblendet.

Die Mechanismen der Einflussnahme

Diese Beeinflussung funktioniert über verschiedene Kanäle. In Krisenzeiten sind Journalisten oft auf offizielle Quellen angewiesen, weil unabhängige Recherche vor Ort zu gefährlich oder teuer ist. Zudem gibt es enge Verflechtungen zwischen Politik, Think Tanks und Medien. Viele Experten, die in Talkshows auftreten, sind von Rüstungskonzernen oder Regierungen finanziert.

Auch wirtschaftlicher Druck spielt eine Rolle. Medienunternehmen sind auf Werbung angewiesen, oft von Konzernen, die von Kriegseinsätzen profitieren. Kritische Berichterstattung kann Anzeigenkunden vergraulen. Das Ergebnis ist eine Medienlandschaft, die zwar formal frei ist, aber faktisch oft die Interessen der Mächtigen bedient. Die Bürger bekommen das Gefühl, informiert zu sein, erhalten aber hauptsächlich gefilterte Regierungsversionen der Ereignisse.

Internationale Institutionen als Steuerungsinstrumente

Der UN Sicherheitsrat als Machtinstrument

Der Westen hat nach 1945 ein Netz internationaler Institutionen geschaffen, das seine Dominanz stabilisiert. Diese Organisationen werden als neutral und multilateral dargestellt, dienen aber oft als Instrumente der Machtpolitik der führenden Nationen. Das offensichtlichste Beispiel ist der UN Sicherheitsrat. Fünf Länder – USA, Russland, China, Grossbritannien und Frankreich – haben ein Vetorecht und können jede Resolution blockieren. Diese Zusammensetzung spiegelt die Machtverhältnisse von 1945 wider, nicht die heutige Welt. Indien hat viermal so viele Einwohner wie die USA, hat aber kein Vetorecht. Nigeria ist bevölkerungsreicher als Russland, Brasilien grösser als Frankreich – trotzdem sind sie zweitklassige UN Mitglieder. Das System zementiert die Vorherrschaft der Siegermächte des Zweiten Weltkriegs.

In der Praxis nutzen die USA und ihre Verbündeten den Sicherheitsrat, um ihren Willen durchzusetzen oder zu blockieren. Resolutionen gegen Israel werden regelmässig von den USA verhindert, während Resolutionen gegen unliebsame Regime durchgewunken werden. Russland und China blockieren wiederum westliche Initiativen.

Die regelbasierte Ordnung der Mächtigen

Westliche Politiker sprechen gerne von der regelbasierten internationalen Ordnung, die verteidigt werden müsse. Das klingt neutral und gerecht. Schaut man genauer hin, zeigt sich: Es sind die Regeln der Mächtigen. Diese Ordnung funktioniert so: Die führenden westlichen Länder schreiben die Regeln über IWF, Weltbank und WTO, interpretieren sie über westlich dominierte Gerichte und Schiedsverfahren und setzen sie durch über Sanktionen und militärische Interventionen. Wer sich nicht daran hält, wird bestraft – es sei denn, er ist stark genug, sich zu widersetzen, oder wichtig genug, um Nachsicht zu verdienen.

Völkerrecht gilt nur selektiv. Die USA sind dem Internationalen Strafgerichtshof nie beigetreten, weil sie nicht riskieren wollen, dass ihre Soldaten oder Politiker angeklagt werden. Israels Verstösse gegen UN Resolutionen werden ignoriert, während andere Länder für geringere Vergehen sanktioniert werden.

Wirtschaftliche Kontrollinstrumente

Besonders effektiv sind die wirtschaftlichen Kontrollinstrumente. Das internationale Bankensystem ist weitgehend von westlichen Institutionen dominiert. Das SWIFT System für internationale Überweisungen wird von einer belgischen Firma kontrolliert, die eng mit der EU und den USA kooperiert. Wer vom SWIFT System ausgeschlossen wird, ist faktisch von der Weltwirtschaft abgeschnitten.

Der US Dollar als Weltleitwährung gibt Washington enormen Einfluss. Transaktionen in Dollar können von den USA kontrolliert und blockiert werden, selbst wenn sie zwischen Drittländern stattfinden. Das nutzen die USA für ihre extraterritorialen Sanktionen – sie bestrafen nicht nur direkte Handelspartner ihrer Gegner, sondern auch Drittländer, die mit diesen handeln. Diese Dominanz ermöglicht es den führenden westlichen Ländern, ihre wirtschaftlichen und politischen Vorstellungen durchzusetzen, ohne Gewalt anwenden zu müssen. Wer nicht spurt, wird wirtschaftlich unter Druck gesetzt.

Fazit: Wandel der Weltordnung

Die beschriebenen Strukturen sind raffinierter und wirksamer als die brutalen Methoden früherer Zeiten. Sie funktionieren durch wirtschaftliche Abhängigkeiten, mediale Einflussnahme und institutionelle Kontrolle. Das Ergebnis ähnelt oft der Kolonialzeit: Entwicklungsländer liefern Rohstoffe und billige Arbeitskraft, Industrieländer kontrollieren die Wertschöpfung. Diese Strukturen werden durch eine ausgeprägte Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit zusammengehalten. Während man anderen Ländern Demokratie und Menschenrechte predigt, beutet man ihre Ressourcen aus und ignoriert ihre Leiden. Während man sich als Vorreiter im Klimaschutz inszeniert, verbraucht man ein Vielfaches der nachhaltigen Ressourcen.

Diese Diskrepanz funktioniert jedoch nur, solange die eigene Bevölkerung sie nicht durchschaut. Hier spielen die Medien eine Schlüsselrolle: Sie müssen die moralischen Erzählungen verbreiten, die das System legitimieren. Wenn sie versagen, bröckelt die Glaubwürdigkeit des ganzen Konstrukts. Erste Risse sind bereits sichtbar. Immer mehr Menschen durchschauen die Doppelstandards. Länder des globalen Südens organisieren sich in neuen Bündnissen jenseits westlicher Kontrolle. Die BRICS Staaten, die Shanghai Cooperation Organization, alternative Zahlungssysteme – überall entstehen Gegenpole zur westlichen Dominanz.

Die führenden westlichen Länder stehen vor einer Wahl: Entweder sie geben ihre Doppelstandards auf und akzeptieren eine multipolare Weltordnung auf Augenhöhe. Oder sie versuchen, ihre Dominanz mit zunehmend autoritären Mitteln zu verteidigen – und beweisen damit, dass sie nicht die Werte verkörpern, die sie predigen. Die Zeit der unbestrittenen westlichen Vorherrschaft geht zu Ende. Bleibt die Frage, ob der Übergang zu einer gerechteren Weltordnung gestaltet wird – oder ob sich die Geschichte als Kampf um die Erhaltung überkommener Privilegien wiederholt.

In Europa wird derzeit von den Medien und den Regierenden viel Angst vor Russland geschürt. Angst war schon immer ein Herrschaftsmittel, um Menschen in Schach zu halten. Auch in der Schweiz haben die politischen Eliten beschlossen, die Rüstungsausgaben zu erhöhen. Die Mehrausgaben müssen von der steuerzahlenden Bevölkerung getragen werden. Da trifft es sich gut, dass sich eine Wirtschaftszeitung in mehreren Artikeln mit dem Thema Wachstum durch Rüstung auseinandersetzt. Im Handelsblatt vom 21./22./23. Februar 2025 werden Studien zitiert, nach denen das Bruttoinlandsprodukt durch Rüstungsinvestitionen gesteigert werden kann. Fragt sich nur, ob in dieser Welt nicht andere Investitionen viel wichtiger wären.

Die Aussagen dieser Handelsblatt-Artikel

Die Beiträge im Handelsblatt zeigen, dass höhere Verteidigungsausgaben nicht nur sicherheitspolitisch sinnvoll, sondern auch volkswirtschaftlich vorteilhaft sein können. Studien wie die von EY im Auftrag der Dekabank zeigen, dass eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben das BIP-Wachstum um rund 0,66 Prozentpunkte steigern könnte. Gleichzeitig wird prognostiziert, dass durch entsprechende Investitionen hunderttausende neue Arbeitsplätze entstehen könnten, die kurzfristig positive wirtschaftliche Impulse setzen. Der Ökonom Ethan Ilzetzki geht sogar so weit zu behaupten, dass das BIP der EU um bis zu 1,5 Prozentpunkte steigen könnte, wenn die Militärausgaben deutlich erhöht würden. Darüber hinaus wird betont, dass militärische Investitionen als strategischer industrieller Hebel wirken können, indem sie die heimische Wertschöpfung stärken. Gleichzeitig wird aber auch auf Kapazitätsengpässe in der europäischen Rüstungsindustrie hingewiesen, die eine kurzfristige Deckung der steigenden Nachfrage erschweren. Darüber hinaus werden verschiedene Finanzierungsmodelle – wie Sonderfonds oder kreditfinanzierte Massnahmen – diskutiert, um zusätzliche Verteidigungsausgaben zu ermöglichen. Ein weiterer Aspekt ist die Möglichkeit, durch gezielte Rüstungsinvestitionen Kapazitäten aus schrumpfenden Branchen wie der Automobilindustrie sinnvoll umzuverteilen.

Auch eine Sturmflut kann das BIP wachsen lassen

Staatsausgaben können das BIP erhöhen, aber das Beispiel einer Umweltkatastrophe zeigt, wie trügerisch dieser Effekt sein kann. Angenommen, eine Sturmflut verwüstet Küstenregionen in Europa, und der Klimawandel könnte die Situation noch verschlimmern, da der Anstieg des Meeresspiegels und extremere Wetterbedingungen die Zerstörung verstärken. Die Regierung investiert Milliarden in den Wiederaufbau, die Verstärkung von Deichen und Entschädigungen – das BIP steigt, weil Bauunternehmen boomen, Arbeitsplätze entstehen und die Materialproduktion angekurbelt wird. Ähnlich wie bei den Verteidigungsausgaben, die laut Studien das BIP um bis zu 1,5 Prozentpunkte steigern können, fliesst das Geld in die Wirtschaft und gibt kurzfristige Impulse. Diese „dummen“ Ausgaben beheben aber nicht die Ursache – im Falle der Katastrophe den Klimawandel, der solche Ereignisse verschärft – und binden Ressourcen, die präventiv in nachhaltige Lösungen wie erneuerbare Energien hätten investiert werden können. Ebenso fragwürdig ist es, wenn Rüstungsinvestitionen als Wirtschaftsmotor gefeiert werden: Sie schaffen zwar Arbeitsplätze und stützen die heimische Industrie, tragen aber langfristig wenig zur Lebensqualität oder globalen Stabilität bei. BIP-Wachstum wird so zum Selbstzweck, während die eigentlichen Herausforderungen ungelöst bleiben. Dies legt nahe, dass nicht jede Ausgabe, die das BIP in die Höhe treibt, auch sinnvoll ist – weder militärische Aufrüstung noch die Reparatur von Klimaschäden, die durch mangelnden Klimaschutz noch verschärft werden.

Wie der Klimaschutz in den Hintergrund gedrängt wurde

Vor 2020 war Klimaschutz ein zentrales Thema der globalen und nationalen Politik, mit Bewegungen wie Fridays for Future und internationalen Abkommen wie dem Pariser Klimaabkommen. Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie im Jahr 2020 und dem Beginn des Krieges in der Ukraine im Jahr 2022 haben sich die politischen Prioritäten in vielen Ländern jedoch deutlich verschoben. Die Pandemie lenkte den Fokus auf Gesundheitskrisen und wirtschaftliche Erholung, während der Krieg in der Ukraine Energieversorgung, Sicherheit und geopolitische Stabilität in den Vordergrund rückte – insbesondere in Europa, wo die Abhängigkeit von russischem Gas die Energiedebatte dominierte.

Das bedeutet nicht, dass der Klimaschutz völlig von der Agenda verschwunden ist, aber er konkurriert nun stärker mit diesen akuten Krisen um Aufmerksamkeit und Ressourcen. In vielen Ländern wurden Klimamassnahmen verzögert oder abgeschwächt, weil kurzfristige Lösungen für Energiepreise oder wirtschaftliche Stabilität dringlicher erschienen. Gleichzeitig gibt es aber auch Stimmen, die sagen, dass gerade diese Krisen – wie die Energiekrise – den Übergang zu erneuerbaren Energien beschleunigen könnten, wenn die Politik es richtig anstellt.

Deutsche Grüne Partei von Pazifismus zur Kriegstreiberin

Als Schweizer habe ich früher oft die Grüne Partei bzw. deren Anliegen gewählt bzw. gestimmt. Als die deutsche Schwesterpartei Teil der deutschen Ampelregierung 2021-2025 wurde, stellte sich bei mir eine gewisse Ernüchterung bezüglich der grünen Ideale ein.

Von Pazifismus zur Kriegstreiberin

Die Grünen in Deutschland haben ihre Wurzeln im Pazifismus – eine Haltung, die in den 1980er Jahren durch die Friedensbewegung und den Widerstand gegen die atomare Aufrüstung stark geprägt wurde. Der Krieg in der Ukraine hat jedoch einen deutlichen Wandel eingeleitet. Seit der russischen Aggression 2022 gehören die Grünen zu den lautesten Befürwortern von Waffenlieferungen an die Ukraine, darunter auch schwere Waffensysteme wie Leopard-Panzer. Dies markiert eine Abkehr vom traditionellen, bedingungslosen Pazifismus hin zu einer Position, die militärische Unterstützung als notwendig erachtet, um Freiheit und Menschenrechte zu verteidigen. Prominente wie Annalena Baerbock und Robert Habeck argumentieren, dies sei kein Widerspruch zu grünen Werten, sondern eine pragmatische Antwort auf eine existenzielle Bedrohung. Kritiker innerhalb und ausserhalb der Partei sehen darin jedoch einen Verrat an den ursprünglichen Idealen.

Widersprüchliche Klimapolitik der Grünen

In der öffentlichen Wahrnehmung und in der politischen Praxis hat die Bedeutung der Klimapolitik seit der Regierungsbeteiligung der Grünen in der Ampelregierung 2021-2025 zwar abgenommen. Der Krieg in der Ukraine hat die Energiepolitik auf den Kopf gestellt und die Abhängigkeit von russischem Pipelinegas musste schnell reduziert werden. Die Grünen unterstützten daher den Import von LNG (Flüssiggas) aus Ländern wie den USA oder Katar, zum Beispiel durch den Bau von LNG-Terminals. Dies ist ein heikler Punkt, denn LNG hat eine schlechtere Klimabilanz als Pipelinegas: Die Förderung (oft durch Fracking), die energieintensive Verflüssigung und der Transport über weite Strecken treiben die CO2-Emissionen in die Höhe. Studien zeigen, dass LNG je nach Herkunft und Verfahren bis zu 50 Prozent mehr Treibhausgase verursacht als konventionelles Erdgas. Für die Grünen war die Umstellung zugleich eine Notlösung, um Energieengpässe zu vermeiden und die Abhängigkeit von Russland zu beenden – ein Ziel, das sie auch als Beitrag zur europäischen Sicherheit und damit indirekt zum Klimaschutz begründeten.

Die europäische Hysterie gegenüber Russland

Der Krieg in der Ukraine hat in Europa eine Welle der Angst und der militärischen Aufrüstung ausgelöst, aber diese Hysterie gegenüber Russland muss kritisch hinterfragt werden. Früher oder später wird dieser Konflikt beendet werden, sei es durch Verhandlungen oder weil die USA als Hauptakteur der Ukraine bzw. Europa und Russland den Frieden aufzwingen können. Danach wird sich das Verhältnis zwischen Russland und Europa zwangsläufig normalisieren müssen, da die wirtschaftlichen und geopolitischen Realitäten eine dauerhafte Feindschaft unwahrscheinlich machen. Eine massive Aufrüstung erscheint daher überzogen, zumal die europäischen NATO-Staaten bereits heute etwa dreimal so viel in Rüstung investieren wie Russland – eine Diskrepanz, die Fragen nach der Verhältnismässigkeit aufwirft. Statt Unsummen in Waffen zu stecken, die nach einem Krieg an Relevanz verlieren könnten, sollte Europa seine Ressourcen in den Klimaschutz lenken.

Die Wahrscheinlichkeit eines russischen Eroberungszuges

Einige Politiker und Mainstream-Medien einiger NATO- und EU-Staaten rechtfertigen ihre überzogenen Rüstungspläne mit den Ambitionen Putins, der angeblich das russische Imperium wiederherstellen wolle. Diese absurden Behauptungen lassen sich leicht widerlegen. Eine militärische Eroberung von NATO-Staaten wie Polen oder den baltischen Staaten würde enorme Kosten verursachen und auf massiven Widerstand in der Bevölkerung stossen. Selbst in der Ukraine zeigt sich, dass eine langfristige Kontrolle ohne die Zustimmung der Bevölkerung kaum möglich ist. Zudem würde ein Angriff auf ein NATO-Land den Bündnisfall auslösen und Russland in einen aussichtslosen Konflikt mit dem Westen stürzen. Auffällig ist, dass die Debatte oft emotional geführt wird und selten die langfristigen Folgen oder die Rationalität der russischen Strategie beleuchtet.

Ineffizient und Angst vor seien Nachbarn

Die Militärausgaben Russlands betrugen rund 110 Milliarden US-Dollar, die der europäischen NATO-Mitglieder zusammen rund 380 Milliarden. Trotzdem wird in Europa weiter aufgerüstet, wofür es mehrere Gründe gibt. Erstens hat der Ukraine-Krieg die Bedrohung durch Russland greifbar gemacht, auch wenn die russische Militärmacht durch Verluste und Sanktionen geschwächt ist. Viele Staaten, vor allem in Osteuropa wie Polen oder die baltischen Staaten, sehen in Russland eine existenzielle Bedrohung und wollen abschreckungsfähig bleiben – unabhängig von der zahlenmässigen Stärke. Zweitens drängen die USA ihre NATO-Partner seit Jahren, das Ziel von 2 Prozent des BIP für Verteidigung zu erreichen, was den Druck erhöht, auch wenn die Gesamtausgaben bereits höher sind. Drittens besteht die Sorge, dass die militärischen Fähigkeiten Europas trotz hoher Ausgaben nicht optimal genutzt werden, weil sie fragmentiert sind.

Angst vor seien Nachbarn

Warum arbeiten die ängstlichen europäischen Staaten nicht besser zusammen? Das ist der Knackpunkt, und hier spielt die Geschichte eine riesige Rolle. Europa ist ein Flickenteppich aus Nationen mit tief verwurzelten Konflikten – zwei Weltkriege, der Kalte Krieg und regionale Rivalitäten haben Misstrauen hinterlassen. Länder wie Frankreich und Deutschland mögen heute eng kooperieren, aber andere, wie Ungarn oder Polen, verfolgen oft eigene Interessen oder trauen supranationalen Strukturen nicht vollends. Die NATO ist zwar ein starkes Bündnis, aber innerhalb Europas gibt es keine einheitliche Armee oder Rüstungspolitik – jeder Staat will Souveränität wahren, auch aus Angst, wieder von einem Nachbarn überrannt zu werden.

Fazit

Was ich hier schreibe, ist keine Meinungsmache, sondern die logische Konsequenz rationalen Denkens. Die meisten westlichen Politiker glauben an den menschengemachten Klimawandel. Die Wissenschaft liefert entsprechende Prognosen. Um die schlimmsten Szenarien zu vermeiden, sind Massnahmen erforderlich, die nicht weiter in die Zukunft verschoben werden können. Leider ist die Politik von Kurzfristigkeit getrieben, was sich in der Klimapolitik am deutlichsten zeigt. Sobald das Wirtschaftswachstum ausbleibt, werden die klimapolitischen Ziele plötzlich aufgeweicht. Betrachtet man den klimapolitischen Ehrgeiz der Politiker, könnte man fast meinen, die meisten Politiker hätten sich auf die Seite der Klimaskeptiker geschlagen. Die Herstellung und der Einsatz von Waffen sind sehr klimaschädlich. Auch ohne Kriege sind die Armeen dieser Welt umweltschädlich. Sie verbrauchen grosse Mengen fossiler Brennstoffe und schädigen das Ökosystem, indem sie Böden und Gewässer verseuchen. Die Auswirkungen militärischer Aktivitäten auf die Umwelt werden unterschätzt und von der Politik ignoriert. Einige grüne Politiker sind zu wahren Kriegstreibern geworden und haben die Klimapolitik verraten. Statt Unsummen in Waffen zu investieren, sollte Europa die dringende Chance nutzen, den Klimaschutz voranzutreiben und damit langfristig Stabilität und Wohlstand zu sichern. Die Klimakrise wartet nicht auf geopolitische Entspannung und ihre Bewältigung wäre ein nachhaltiger Beitrag zu Stabilität und Wohlstand – weit über den Horizont des Ukraine-Krieges hinaus. Die Fixierung auf Russland als permanente Bedrohung verstellt den Blick auf die eigentliche Herausforderung unserer Zeit.

Leider zeigt der GAU/Super-GAU von Fukushima-Daiichi, wie das menschliche Verhalten und Denken von der Kurzfristigkeit gelenkt ist. Die aktuelle Atomdebatte thematisiert vorwiegend das Restrisiko, dabei gehen die Gefahren des Atommülls für das zukünftige Leben auf dieser Welt fast vollständig unter.

Die Medienherde und Fukushima

Obwohl sich der Zustand in 4 der 6 Blöcke von Fukushima seit Mitte März kaum gebessert hat, ist die Medienherde zum Glück weiter gezogen. Damals dominierten die Schlagzeilen und Bilder der Katastrophe die Medien:


Quelle: Focus-Online vom 16.03.2011


Quelle: Bild von 16.03.2011

Damals wurde im Stundenrhythmus von den Ereignissen in Fukushima berichtet. Damit entstand geradezu eine Erwartungshaltung, dass die Katastrophe in den nächsten 48 Stunden entweder völlig eingleiten musste oder unter Kontrolle gebracht werden könnte. Die 48 Stunden von damals sind längst vorüber aber der Kampf in den Reaktorblöcken in Fukushima geht unvermindert weiter. Die Medien mit ihrer dramatisierten und kurzsichtigen Berichterstattung sind mitschuldig, dass der Mensch meistens das Jetzt völlig überbewertet.

Grundsätzliche Gefahren der Kernkraft

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Die Schweiz muss sich demnächst mit der Frage des Atomausstiegs stellen. Die mehrjährige Bearbeitung der Bevölkerung durch die AWK-Lobby könnte mit dem Gau/Super-Gau in Fukushima ein jähes Ende gefunden haben.

Politiker vor und nach dem Atomunfall Fukushima

Am 13.02.2011 stimmten die bernischen Stimmberechtigten zur Stellungnahme zum Rahmenbewilligungsgesuch zum Ersatzkraftwerk Mühleberg ab. Damals strahlten uns die politischen Befürworter aus dem Kanton Bern mit Pro-Voten richtiggehend an:

Pro AKW-1: Grunder, Hochreutener, Markwalder

Pro AKW-2: Graber, Brönnimann, Geissbühler

Pro AKW-3: Amstutz, Haller, Wasserfallen
Quelle: Damit Bern der Strom nicht ausgeht.

In diesem „Damit Bern der Strom nicht ausgeht„-Flyer steht nichts von Risiko und der Entsorgung des Atommülls. So sind eben die Politiker, das Unangenehme wird vor der Bevölkerung totgeschwiegen.
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Sicherlich gibt es auch von schweizerischen Politikern einige Zeugnisse ihrer Unfähigkeit. Die folgenden zwei Beispiele aus Deutschland finde ich schon sehr amüsant. Anderseits wäre vielleicht ein PISA-Test für die Politiker angebracht.

Günther Oettinger und Englisch

Die Englischkenntnisse eines Günther Oettinger, EU-Kommisars für Energie.
//www.youtube.com/watch?v=-RrEQ8Ovw-Q
Dieses Schwaben-Englisch lässt sich vielleicht doch noch verbessern. An der Motivation wird es ihm nach so viel Kritik wahrscheinlich nicht mangeln. Ich wünsche ihm viel Erfolg.

Horst Seehofer und die siebenstellige Zahl

Horst Seehofer, der bayerische Ministerpräsident scheitert beim Vorlesen einer siebenstelligen Zahl.
//www.youtube.com/watch?v=x18vfsuGnm8
Kann das korrekte Lesen der Zahl 3’014’237 (drei Millionen vierzehntausend zweihundertundsiebenunddreissig) von einem solchen Politiker verlangt werden?

Am 29.11.2009 dürfen wir die Schweizer Bürger über ein Verbot von Kriegsmaterial-Export abstimmen. Zu dieser Problematik habe ich eine klare Meinung.

Oftmals höre ich als Argument für Kriegsmaterialexporte: „Wenn wir es nicht tun, dann tun es andere“. Ich finde dies ist eine dämliche Aussage um sich nicht mit dem wahren Problem der Waffenexporte zu beschäftigen.

Ich frage solche Personen immer: „Wir könnten auch Drogen herstellen und exportieren, sonst tun es andere?“ Ich sehe zwischen Waffen- und Drogenexporten keinen grossen Unterschied, ausser das Waffen vielmehr unschuldige töten als der Drogenhandel und dessen Konsum. Leute die Drogen herstellen, werden in den meisten Ländern hart bestraft, wogegen die Herstellung von Waffen bei vielen nicht einmal zu Gewissenskonflikten führt, siehe unten Herr Lukas Braumschweiler.

Ruag und Berner Oberland

Thuner Tagblatt (TT) 30.10.2009

Ich wohne in Steffisburg, dies ist eine Nachbarsgemeinde von Thun. Im TT vom 30.10.2009 wurde mit der Angst um die Arbeitsplätze gespielt, eines der meistgebrauchten Muster in diesem Abstimmungskampf:

ruag900Stellen

Gemäss dem Ruag-Chef müssten in Thun 900 Stellen abgebaut werden, falls es zum Ausfuhrverbot von Kriegsmaterial komme. Gemäss CEO Lukas Braunschweiler: „Frieden zu schaffen ohne Waffen, das ist eine Illusion. Zudem liefern wir an Länder, die einen ähnlichen Anspruch haben wie wir und bei bewaffneten Konflikten über ein Uno-Mandat verfügen“. Er habe keine Gewissenskonflikte bei seiner Arbeit.

TT 3.11.2009

ruag1400Stellen

Das TT hat 3 Tage später nachgedoppelt, nun stehen sogar 1400 Arbeitsstellen auf dem Spiel. Es wurden noch weitere 500 Stellen bei Zulieferfirmen gefunden.

Abstimmungskampf mit Arbeitsstellen und damit mit der Angst

Den Abstimmungskampf mit angedrohten Arbeitsverlust ist nichts mehr als Erpressung. Es ist ein oft angewendete Muster in schweizerischen Abstimmungskampf. Wer sicher seinen Job bei der Annahme der Initiative gegen Kriegsmaterialexporte verlieren sollte, ist Herr Lukas Braumschweiler, er ist unfähig seinen Mitarbeiter ohne Kriegsmaterialexporte eine Zukunftsperspektive zu geben. Es ist schade, dass wir so viele untaugliche Wirtschaftsführer haben, diese taxieren sich selbst als unfähige Leader für eine Transformation in nützlichere Technologien.

Neutralität und Kriegsmaterialexport ein klarer Widerspruch

Bei kriegerischen Auseinandersetzungen pocht die Schweiz immer wieder auf ihre Neutralität und vermeidet jegliche militärische Einmischung. Bei den Waffenexporten scheint die Schweiz auf einmal zwischen „Gut“ und „Böse“ unterscheiden zu können, dies erstaunt mich sehr. In der Analogie zu den Drogenexporten: Die Regierung schützt den Drogenbaron, die Opfer der Drogen sollen aber die anderen beklagen – wir sind und bleiben neutral.

Es ist ein Unterschied, ob die USA oder die Schweiz Waffen ins Ausland liefert. Die USA oder beispielsweise auch das britische Königreich sind fast fortlaufend in militärische Konflikte verwickelt und werden wahrscheinlich ihre Waffenexporte viel bewusster tätigen. Wer möchte schon das hohe Risiko eingehen, das Opfer der eigenen Rüstungsexporte zu werden. In welche mörderischen Hände letztendlich die exportierten Waffen landen, kann die Schweiz kaum steuern und kontrollieren, dies würde unter anderem einen funktionierenden Geheimdienst voraussetzen – denn hat die Schweiz gegenüber den USA sicherlich nicht.

Der Geheimdienst ist während der Friedenszeit die Augen und Ohren einer Armee, wahrscheinlich auch darum sucht die blinde und taube Schweizer Armee verzweifelt sowie erfolglos nach einer Strategie in ihrer schalldichten Dunkelkammer. Dabei basteln sich die Armeestrategen Szenarien zusammen, welche die Existenzberechtigung der aktuellen Armee untermauern und weniger dem realen Bedrohungsbild gerecht werden.

Staatssekretariat für Wirtschaft SECO entscheidet über Waffenexporte

Ein Land, welches Waffen exportiert, muss genügend Informationen über die möglichen Abnehmer dieser Waffen verfügen. Dazu wird ein starker militärischer Geheimdienst benötigt, zudem müssten die Waffenexporte im Einklang mit der schweizerischen Verteidigungsstrategie erfolgen. Der fehlende Sicherheitsbericht und das „herumwursteln“ der Armeestrategen verunmöglicht jedoch eine längerfristige Einschätzung zwischen „Guten“ und „Bösen“.
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